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Hellas.
frommen Sage des Alterthums erklären dülfen, das Götterbild habe sie
vor irgend einem Frevel geschlossen, sondern vielmehr dahin, dass das
Auge etwa nur mit einem horizontalen gemalten Striche angedeutet
gewesen sei.
Ueber diese rohe Puppenbildung nun soll Dädalos hinausge-
gangen sein und der Kunst erst den Weg gebahnt haben. Zugleich
als der Erfinder der zur Holzarbeit nöthigen Instrumente: Axt, Säge,
Bohrer, Bleiloth, Fischleim genannt, Wird ihm auch die nähere Aus-
bildung der Körperformen zugeschrieben, so die Oeffnung, d. h. wohl
die Bildung des vorher nur angedeuteten Auges und die Trennung der
Füsse in Schrittstellung. Wir dürfen uns auch diese Fortschritte noch
nicht sehr namhaft vorstellen und von der Sage, dass man die Bild-
werke der '1'1'ennung der Beine wegen binden musste, damit sie nicht
davonliefen, nicht auf frappante Lebendigkeit undVollendung schliessen,
sonst würden nicht classische Gewährsmänner, welche solche angeblich
dädalische Werke kannten, sagen, sie seien nwunderlich anzuschauenii
(Pausanias) , oder i) ein Dädalos würde sich in späteren Zeiten mit solchen
Arbeiten lächerlich gemacht habenai Mit der Persönlichkeit des Dädalos
aber verhalt es sich nicht viel anders wie mit den Daktylen und Tel-
chinen in der Metallarbeit: der Name Daedalos (Bildschnitzer) ist nem-
lich wieder nichts anderes als eine Personification der Holztechnik und
ein Collectivname für die zu grösserem künstlerischen Aufschwung ge-
langte Holzschnitzerei. Wie diese _aus dem Handwerk sich entwickelt
hatte, so nannte auch die Sage den Palamaon (Handwerker) oder
Eupalamos (geschickten Handwerker) den Vater des Dädalos. Auch
dessen angebliche Reisen, wie von Athen nach Kreta, Sicilien, Theben,
Pisa, Aegypten u. s. w. beruhen einfach auf dem Vorkommen sog.
dädalischer Werke an diesen Platzen.
In homerischer Zeit (g. Jahrhundert v. Chr.) galten dädalische Werke
als hochbedeutend und zugleich als alt, so dass wir deren Periode und
den Beginn der Bildschnitzkunst etwa in das 10. Jahrhundert setzen
dürfen. Das einzige Schnitzbild, das Homer direct erwähnt, die sitzende
Athenestatue zu Troia, der die Troianerinnen ein Gewand auf die Kniee
legen, wird der homerischen Vorstellung in dädalischer Art und über-
diess wirklich bekleidet vorgeschwebt haben. Darf man Il. I. 14 auch
auf ein Apollobild schliessen, so war diess wohl ebenso wie die Athene
wenigstens theilweise in Gewand gehüllt, von der Stirnbinde ist sogar
ausdrücklich die Rede. Neben diesen Puppenbildern fehlt es aber auch
nicht an metallblechbekleideten; denn es ist wohl kaum zu bezweifeln,
dass man sich die goldenen und silbernen Hunde und die goldenen