Volltext: Kunstgeschichte des Alterthums

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Hellas. 
Säulen, soweit wir sie aus Reliefdarstellungen und aus einem isoliiten 
Beispiele kennen und verpHanzte sich von da nach Persien, wo er in 
der Mitte des siebenten Jahrhunderts v. Chr. sogar schon in derselben 
horizontalen Canellirung auftritt (vgl. Fig. 73), wie wir sie an den älteren 
ionischen Beispielen finden. Neu und hellenisch ist dabei die eingekehlte 
Profilirung der untergelegten Platte, deren paralysirendes Gegengewicht 
gegen die plumpe Schwere des unvermittelten Aufliegens des Torus auf 
dem Boden oder auf einer rechtwinkligen Platte der feinerfühlige Grieche 
sofort erkannte, und welche er dadurch mit dem canellirten Torus noch 
harmonischer zu machen wusste, dass er sie ebenfalls horizontal furchte 
oder in zwei Hohlkehlen mit Rundstäben auf den breiten Stegen glie- 
derte. Ob die im Vergleich mit dem dorischen Säulenstamm weit grös- 
sere Schlankheit der Schäfte auf eine orientalische Wurzel zurückgeht, 
muss dahingestellt bleiben, jedenfalls entsprach sie dem leichtern ioni- 
schen Gebälk und Deckenwerk ebensosehr, wie die stämmigcre dorische 
Säule dem schweren dorischen, und dass ursprünglich die Kraft der 
Stützen sich nach der Last der Decke richtete und nicht umgekehrt die 
Decke nach der Tragkraft der Stützen, darf als einer der Grundsätze 
aller baulichen Thätigkeit betrachtet werden. Im Zusammenhalte mit 
diesem Motive ist die landläufige Begründung der Schlankheit der ioni- 
schen Säulen sicher untergeordnet, wonach sie in dem Streben nach 
grösserer Eleganz und Zierlichkeit dem Charakter des ionischen Volks- 
stammes entsprechend ihre Erklärung findet. Während ferner der Schaft 
Verjüngung und Schwellung mit dem dorischen Säulenstamme gemein 
hat, unterscheidet er sich wieder durch die Canellur, welche an assyri- 
schen Säulen gar nicht nachgewiesen, an persischen aber eher mit der 
dorischen verglichen werden kann, mithin in ihrem eigenthümlichen 
Profil wieder rein hellenisch ist. Der Meissel wurde überhaupt im ioni- 
schen Styl an allen Zierden in dem Grade energischer gehandhabt, als 
die Farbe im Ornamente zurücktrat, und so machte sich das plastische 
Element in harmonischer Weise auch am Schafte mehr geltend. Die 
Hachen Canelluren wurden bis zu annähernd halbkreisförmigem Profil 
vertieft, was auch die Aenderung der Stege zur Folge hatte. Denn hätte 
man wie am dorischen Schaft die Enden der Curven unmittelbar an- 
einander stossend herstellen wollen, so wäre die fast halbkreisförmige 
Eintiefung nur auf einer ebenen F lache, wenn auch mit grosser Schwie- 
rigkeit wegen der scharfschneidigen Stegkanten, rnöglicli gewesen, an 
einem convex gebogenen Körper, wie der Schaftcylinder, aber wären 
halbkreisförmige Canelluren hart nebeneinander geradezu unausführ- 
bar, indem die Bogen sich schneiden würden. Die scharfe Stegkante
	        
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