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Hellas.
Athen wie kaum irgend eine andere Stadt der Welt bei so kleinem Ter-
ritorium nach den Perserkriegen erfreute. Die wohlverdiente Oberherr-
lichkeit über das ganze übrige Griechenland, die den Orientalen von
ganz Vorderasien und selbst von Aegypten imponirende Machtstellung
zur See, wie endlich die reichliche Gelegenheit bei Wiederherstellung
der von den Persern vor der Schlacht bei Salamis verbrannten Stadt
Athen und ihrer Heiligthümer veranlassten eine monumentale Wieder-
geburt der herrlichen Stadt, die nicht blos damals, soweit die griechi-
sche Sprache reichte, d. h. bis in die Colonien an den entlegensten Kü-
sten, sondern selbst bis in die Gegenwart herab für den classischen Bau-
styl mustergiltig geworden ist und auch in Zukunft bleiben wird. In
Attika, das zwar vorwiegend ionisch, jedoch mit dorischen Elementen
reichlich genug versetzt war, um die Style beider Stämme gleichmässig
cultiviren zu können, hatte überhaupt die künstlerische Ausbildung die
höchste Blüthe gewonnen; Athen stellte damals die genialsten Künst-
ler und gebot zugleich durch die Kriegssteuer des ganzen griechi-
schen Ostens über unbegrenzte Mittel; rechnet man dazu das vortreff-
liche Marmormaterial, welches fast vor den Thoren der Stadt bricht, so
sieht man alle Bedingungen vereinigt, welche Athen auch in monumen-
taler Beziehung damals zur ersten Stadt Griechenlands und der civili-
sirten Welt befähigten.
Die Kenntniss des lonischen duldete jene Schwerfalligkeit nicht
mehr, welche selbst an den gleichzeitigen peloponnesischen Monumen-
ten noch entgegentritt. WVar die Säulenhöhe Aeginaternpels bereits
auf 5, 30 untere Durchmesser gestiegen, so zeigen die athenischen Denk-
mäler die Säulen noch schlanker, nemlich der sog. Theseustempel zu
5,62, der Parthenon zu 5,47 Durchmesser Höhe. Verjüngung und
Schwellung wurden sehr massig; letztere erreicht unter der Mitte ihren
Höhepunkt. Die Canelluren sind keine Kreissegmente mehr, sondern
zeigen ein ganz selbständiges ellipsenartiges Profil, das sich aus Kreis-
segmenten von verschiedenen Radien zusammensetzt. Der Echinus wird
steiler, im Aufsteigen weniger gekrümmt und dafür oben um so ent-
schiedener und rascher abgerundet und eingezogen. Die Triglyphen,
gleichsam. zu früherer Bildung zurückkehrend, werden wieder breiter,
als sie in der letzten Periode gewesen waren. Die kleineren Glieder ver-
ringern sich an Höhe, erhalten aber dafür eine kräftigere Ausladung.
Die Farben am Gebälke werden noch intensiver, Blau und Roth herr-
schen vor, hell aufgetragen als Grund der Ornamentstreifen, auch Grün
wird angewandt und selbst Gold an Säumen und an den sog. Tropfen.
Im Innern an den sehr hoch gehobenen Lacunarien des Pteromas, wie