Architektur.
Aelteste Periode.
Die erhaltenen dorischen Denkmäler.
213
blos der Ansatz des canellirten Schaftes, sondern bildet oberhalb eine
zwar schwache Einkehlung, welche indess die organische Verbindung von
Schaft und Echinus empfindlich und sehwächend zerreisst. Der letztere
ladet zu sehr aus, hat ein zu weiches Profil und die kleinlichen Ringe zu
hoch oben sitzend, erscheint daher kraftlos und platt, und vergrossert
auch eben seiner Kraftlosiglzeit wegen die Auflagerfiäche des Gebälks
nicht, welches nicht über die obere Schaftperipherie hinausgreift. Die
Gebälkeglieder sind ausserordentlich hoch und derb, ebenso die Details
bis zu den Tropfen herab. Der Fries ist niedrig; den massiven T rigly-
phen mit ihren halbkreis- oder lanzettiförmigen Schlitzenden entsprechen
daher nur kleine Metopen, wesshalb auch über denselben von den brei-
ten den Triglyphen entsprechenden Mutuli zunächst nur je ein halber
Raum findet fvgl. F ig. 126). Die Farben sind namentlich in den noch
stark orientalisirenden Ornamentmustern bescheiden, gelb, braun und
schwarz mit wenig Roth, im ganzen etwas düster.
Die hervorragendsten Denkmäler dieser Gruppe finden sich zu Se-
linus. Im Jahre 628 vor Christus gegründet scheint seine Akropolis
auch bald mit Tempeln geschmückt worden zu sein, Wenigstens stammt
der nördlichste der Burg (D nach Serradifalco), welcher die weiteste
Säulenstellung (zizfia Durchmesser Intercolumnitiml und das geräumigste
Pteroma zeigt, sicher aus der Zeit um öoo v. Chr. (Capitälprofil Fig. 133).
Kaum. ein halbes Jahrhundert jünger scheint der mittlere Tempel der
Akropolis (C nach SerradifalCo; zu sein, berühmt durch die hochalter-
thümlichen Metopenreliefs, wovon unten im Abschnitt über die Plastik
gesprochen werden soll. Eine Ecke dieses Tempels ist oben (Fig. 126)
abgebildet, das Capitälprofil gibt Fig. 134. Ein drittes Beispiel dieser
frühesten Periode, welche Semper bezeichnend die lax-archaische ge-
nannt, besitzen wir unter dem Namen Tavola dei Palladini in der elischen
Colonie Metapontum, die zwar schon 768 v. Chr. zuerst angelegt, aber
erst nach ihrer Zerstörung durch die unteritalischen Eingebornen (ca
600) im Jahre 586 neu gegründet wurde. Aus dem sechsten Jahr-
hundert v. Chr. stammt daher muthmasslich die kleine Ruine von eben-
falls sehr weit abstehenden Säulen mit ihren übermässig verjüngten
Schäften und in überreicher Schwellung ausladenden Capitälen. Ob
hieher noch einige Reste von Cadacchio auf Coreyra und von Assos
in der kleinasiatischen Landschaft Troas (Capitälprolil Fig. 135) zu rech-
nen sind, ist zweifelhaft, indem die ersteren grösstentheils spätere Re-
stauration zeigen, die letzteren aber durch ihren keineswegs so hochal-
terthümlichen Fries kaum zu der Annahme dieser Entstehungsperiode
berechtigen.