Architektur
Der (lorische Peripteros.
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des Parthenon eine Ueberhöhung von o,228' bei einer Breite von 1o1,3',
an einer Langseite aber o, 355 bei 228,1' Länge ergaben. Es finden
sich daher auch am ganzen Gebäude keine genau rechteckigen Formen,
was jedoch nur an wenigen Stücken wahrnehmbar, an den trapezför-
migen Eckmetopen jedoch deutlich kennbar ist. Nachdem Bötticher die
ursprüngliche Existenz der Curve bestritten, wie ja Penrose selbst die
Einwärtscurven als nicht beabsichtigt, sondern durch die Parthenonex-
plosion 1687 bewirkt darstellt, sucht Ziller noch einiges zu ergänzen
und die Sache scheint nun allerdings so zu liegen, dass die Annahme
der Ursprünglichkeit der Curvaturen, welche der Verfasser selbst vor
einigen Jahren noch bezweifeln zu müssen glaubte, mehr und mehr für
sich gewinnt.
Wenn wir uns aber fragen, was der Grund eines solchen die Anlage
so wesentlich erschwerenden Raffinements gewesen sein könne, so dür-
fen wir zwar den handwerklich praktischen Grund des verbesserten Was-
serablaufs nicht ganz verwerfen, können ihn aber doch nicht als den
entscheidenden bezeichnen, denn das Hauptmotiv scheint ein optisches
gewesen zu sein und ist im wesentlichen dasselbe wie für die Schwellung
der Säulen und die Neigung derselben nach Innen. Verzeichnet man
nemlich zwei Säulen ohne Schwellung neben einander, so wird das In-
tercolumnium in der Mitte sich zu schwellen, jeder Schaft aber sich in
der Mitte zu verjüngen scheinen, während eine leise Schwellung der
Schäfte diese doppelte optische Täuschung wieder paralysirt, und selbst
eine stärkere Schwellung, als wir sie an Monumenten angewandt finden,
nicht so unangenehm wirkt, als gar keine. Dasselbe gilt auch von den
Horizontallinien, wobei zu bemerken ist, dass des Standorts des Be-
schauers wegen auch die Stylobatlinie an dieser convexen Bildung theil-
nehmen muss, während sie doch vielmehr eine concave sein müsste,
wenn das Auge in mittlerer Säulenhöhe anzunehmen wäre. Diese opti-
sche Täuschung hinsichtlich der Horizontale wird besonders an einer,
Giebelverzeichnung klar, an welcher eine gerade Basenlinie unfehlbar
nach unten eingesenkt erscheint, während selbst eine Stark nach Oben
gebogene als eine gerade sich dem Auge darstellt.
Den angestrebten Effect aber konnte diese convexe Curvatur nur
in einiger Entfernung haben. da beim Nähertreten in dem Grade, als die
Längendifferenz vom Auge zum Mittelpunkte und vom Auge zu den
Ecken z. B. einer F ronte wuchs, die Mitte so gewiss zunehmend höher
wie die Ecken erscheinen musste, als aneinem rechtwinkligen Dreieck
die Endpunkte der Hypotenuse weiter entfernt sind, wie die einer
Kathete. Es wurde also dadurch die convexe Curvatur nicht blos