Architektur.
Der dorische Peripteros.
205
Sehr wesentlich in Bezug auf die Erscheinung des dorischen Tem-
pels war endlich die Bemalung desselben. Es widerstrebt vielleicht eini-
germassen dem nordischen Gefühl, dieselbe in der Ausdehnung anzu-
nehmen, in welcher sie wohl vorhanden gewesen sein wird, da in un-
serer verhältnissmässig grauen Landschaft der Eindruck derselben ein
bunter und greller sein wurde; denn wahrscheinlich war der weitaus
grössere Theil, vielleicht das Ganze, dem Pinsel unterworfen. Indess
beschränkte sich die Farbe in der ganzen untern stützenden Parthie bis
zum Gebälk auf leichte Tünche, die sog. Baphe (Circumlitio), welche
zunächst auf den Putz, wie er dem aus geringerem Steinmaterial herge-
stellten älteren Tempel nöthig war, aufgetragen, dann auch auf Mar-
morwerken angewandt wurde. Sie bestand an den äusseren Architek-
turtheilen in einer hellen gelblichen Färbung, die nur das schneeig Krei-
dige des Verputzes wie auch des neuen Marmors brechen und schon
dem Neubau eine Art von Patina geben sollte, während den Cellawän-
den ein etwas dunklerer Ton nur vortheilhaft sein konnte. Wenn diess
auch an dem durchaus in Marmor hergestellten Tempel geschah, so
mochte diess ebensosehr der Tradition wegen, die sich am Poros und
dem dabei nöthigen Verputz hergestellt hatte, als der allzu blendenden
Marmorfarbe wegen geschehen, auch mochte die Harmonie mit dem in-
tensivfarbigen Gebälke einige Brechung des natürlichen Weiss des Ma-
terials erfordern. Eigentliche intensive Farben aber scheinen fast aus-
schliessend nur am Gebälk angewandt worden zu sein, und zwar, wie
kaum bezweifelt werden darf, ursprünglich des Materials wegen. Denn
es sondert sich alles Balken- und Lattenwerk bestimmt in blauer Farbe
ab, wie die Triglyphen mit ihren Regulen und die Mutuli ; die Tropfen
(Nägel) dagegen waren roth oder vergoldet. Was ursprünglich offen
war, erhielt den schönen braunrothen Grund, welcher die Reminiscenz
an die dunkel erscheinenden Metopenöffnungen und die Giebeltiefe bis
in die späteste Zeit erhielt, und zugleich die daraufgesetzten Reliefs und
Statuengruppen wirksam und in scharfem, klaren Umriss abhob. Einer
besonders sorgfältigen Behandlung aber erfreuten sich die sämmtlichen
Leistenglieder, deren aufgemalte Ornamente das gewählte Profil gleich-
sam erst rechtfertigen. So erhielten die verknüpfenden Bandleisten
Mäanderschemata und andere Bandformen, das dorische Kyma Blätter-
schmuck in mannigfach wechselnden Farben, welche jedoch nicht im
entferntesten nach Natur-Wahrheit strebten, die Sima Palmetten, deren
Zeichnung ebenfalls dem Profile des Rinnleistens entsprach. Reicher
und kräftiger noch wurde die Innenseite des Gebälks (vgl. Fig. rzgl
farbig ornamentirt. wo auch ausser dem dorischen bereits das lesbische