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Phönikien, Palästina und Kleinasien.
Höhenmaasse des Heiligen das Hyperoon mitrechnete und so statt 30 Ellen
vielmehr 60 verdoppelte, für den Portalbau statt 60 Ellen 120 ergaben.
Mit Ausschluss des Hyperoons waren die Mauern in Quadern von
weissem Marmor ausgeführt. Die merkwürdige Notiz, dass auf eine
Steinschicht immer ein Cypressen- oder Cedernbalken kam, wie bei den
Vorhofmauern auf drei Schichten ein Cedernbalken, kann ich mir nicht
anders erklären als durch die auch sonst erwähnte Innenverschalung der
Mauern mit Holz. Man hat sich also die Vorhofsmauer in dreifacher
Dicke und die drei Schichten statt übereinander nebeneinander, den
Quaderbau aber hier wie am Tempel nach innen durch Holzverkleidung
unsichtbar vorzustellen. Darauf weist auch die Notiz hin, dass die
Deckengebälke der einzelnen Stockwerke der den Tempel umgebenden
Nebengebäude nicht in die Mauer selbst eingriffen, sondern von den
Balkenlagen (der Verkleidung) getragen wurde. Vom Innern des Tem-
pels, wozu der Durchgang durch den Portalbau nicht zu rechnen ist,
wird auch diese Holzverschalung ausdrücklich angegeben: und dieser-
wegen konnte auch die Scheidewand zwischen Heiligem und Allerheilig-
stem nur ganz von Holz sein, weil hier zwei Holzverkleidungen zusam-
menkamen, welche bei zwischengesetzter Steinwand das Ganze zu dick
gemacht hätten, was man vermeiden wollte, obwohl man deshalb auch
über dem Allerheiligsten in Holz fortbauen musste. Auf dieser Holzver-
schalung aber waren wenigstens im Tempelinnern die ornamentalen
Sculpturen angebracht, über welche dann Goldblech getrieben war. Diese
Relief bildung in Holzschnitzwerk mit Goldüberzug vertritt demnach die
bemalten Steinsculpturen der ninivitischen Wände, worin der wesent-
liche Unterschied der obermesopotamischen und der phönikischen
Kunsttechnik zu beruhen scheint. Wie die nächste Umgebung von
Ninive den leicht zu bearbeitenden Alabaster, so bot der Libanon das
schönste Schnitzholz und der phönikische vorzugsweise auf Metalle
gerichtete Welthandel diese in Fülle zur Ausschmückung der Wände.
Dass aber die Schnitzwerke des Tempels den Sculpturen von Ninive
stylistisch wie auch gegenständlich verwandt waren, ist aus den wenigen
darüber vorliegenden Notizen zu schliessen, denn sie stellten Cherubim,
Palmen (den ornamentalen sog. Baum des Lebens?) und Blumenschmuck
dar. Namhaft konnte sich indess die israelitische Bilderkunst auch jetzt
nicht entfalten, da durch das Verbot der Herstellung von selbständigen
menschlichen und thierischen Bildern aus Cultgründen Plastik wie Ma-
lerei auf das Ornament beschränkt blieb.
Nur in den Cherubim oder in den das gegossene Meer tragenden
Stieren, welche letzteren schon oben besprochen worden sind, war der