Der salomonische Tempel. 1
vorgelegt. Diesem wird bei IO Ellen Tiefe und 20 Ellen Breite eine
Höhe von I2O Ellen zugeschrieben, welche letztere bereits in den Bü-
chern der Chronica auftritt, in der Septuaginta wiederkehrt, so dass sie
nicht als vereinzeltes handschriftliches Versehen zu erklären ist, und
endlich von josephus wiederholt wird. Allein selbst wenn man mit de
Vogüe und Haneberg die Längen- und Breitenmaasse des Tempels als
nur im Lichten geltend annimmt, so wird man bei graphischer Ver-
gegenwärtigung des Portalbaues einen Pylon, der viermal so hoch als
der Hauptbau, zweimal so hoch als derselbe lang und fast sechsmal so
hoch als dieser breit ist, seines Missverhältnisses wegen für unwahr-
scheinlich halten, abgesehen von den Bedenken, die sich bei einer Tiefe
von nur IO oder mit den Mauern von 20 Ellen in structiver wie ästhe-
tischer Beziehung einer solchen Höhe entgegenstellen. Wir wenigstens
Würden nach den angestellten Versuchen nicht wagen, eine F ronte- oder
Seitenansicht nach diesen Verhältnissen vorzulegen, und bleiben bei dem
von Hirt, Streber, de Saulcy, de Vogüe u. s. w. betretenen Auswege,
hier eine Uebeitreibung zu vermuthen, wenn auch diese sich nicht in
der Weise erklären lässt, wie diess von de Saulcy oder Streber gesche-
hen ist. Denn mit ersterem die Höhe von 120 auf 60 Ellen dadurch zu
reduciren, dass man die Hälfte der Höhe als Unterbau unter dem Boden
befindlich annimmt, so dass nur 60 Ellen über dem Boden sichtbar
blieben, ist wie Vogüe bemerkt unthunlich, weil der Felsgrund so tiefe
Fundamente schwer ausführbar und dazu unnütz machte, und mit Stre-
ber den Grund in einer Addition der Höhe beider Portalpylone zu suchen,
dürfte darum ebenso unstatthaft erscheinen, weil ausser der Ungewöhn-
lichkeit einer solchen addirenden Höhenbezeichnung höchst wahrschein-
lich die Fronte nicht in einem zweithürmigen Pylonbau in ägyptischer
Weise bestand. Denn einem solchen steht die zu geringe Breite und
Psalm 78, 69 entgegen, welcher den Tempel mit einem Einhorn ver-
gleicht, was (vorausgesetzt, dass das vramima des Textes nicht einfach
als vHöhena zu deuten ist) der hinkendste Vergleich von der Welt
wäre, wenn sich das Ganze durch zwei Pylonthürme als zweihörnig
dargestellt hätte. Da aber durch diesen Vergleich jedenfalls bestätigt
Wird, dass der Portalbau das übrige Gebäude an Höhe überragte, so
hat es wohl die grösste Wahrscheinlichkeit für sich mit de Vogüe die
Fagade als einen Pylonthurm von 60' Höhe sich zu denken, wenn
auch für die von jenem beliebte Breite desselben kein genügender Grund
Vorliegen dürfte. Die böschungsartige Einziehung jedoch, wie die
gleichfalls ägyptisirende Bekrönung durch Rundstab und Hohlkehlen-
Sima ist vollkommen glaublich, da sie auch an den ältesten Grabfagaden
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