Volltext: Kunstgeschichte des Alterthums

Israeliten. 
Cherubiln der Stiftshütte. 
Der salomrm ische 
Tempel. 
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mit Vorliebe in der Schilderung der Kostbarkeit des verwendeten Mate- 
rials, und in mehr archäologischen als künstlerischen Notizen, von wel- 
chen die letzteren überdiess, wie diess von kunstunverständigen Bericht- 
erstattern nicht anders zu erwarten ist, zumeist unverständlich sind. 
Jedenfalls hatten sich die künstlerischen Grundverhältnisse seit Moses 
wesentlich verändert: durften wir nemlich nach dem Auszuge aus 
Aegypten nur ägyptische Anschauungen voraussetzen, so müssen wir 
uns jetzt diese mehr in die Ferne gerückt und den syrophönikischen 
Cultixreinfltiss fast ausnahmslos avsschliessend geltend denken. Damit 
war indess das ägyptische Elenlent keineswegs beseitigt, denn wir haben 
gesehen, wie die phönikische Kunst der Lage ihres Landes entspre- 
chend zwischen mesopotamischen und ägyptischen Formen schwankte 
und als ein lVIittelglied zwischen beiden Culturvölkern sich gestaltet hatte. 
Der Israelite hatte den Nomaden noch nicht so abgestreift, dass er selbst 
zur Herstellung eines monumentalen Werkes, wie es die Uebung von 
Jahrhunderten voraussetzt, befähigt gewesen wäre; diese wurde daher 
den nördlichen Nachbarn an der phönikischen Küste überwiesen, welche 
v auch um so leichter dafür zu gewinnen Waren, als Salomo mit König 
Hiram von Tyrus in Bündniss und Freundschaft stand. Der tyrische 
Künstler Hüram ward sammt einer Schaar von Technikern nach Jeru- 
salem entboten, Steinmetzen aus Byblos arbeiteten mit Israeliten ge- 
meinschaftlich in den Steinbrüchen von Jerusalem, alles Holzwerk wurde 
in den phönikischen Cedernwäldern des Libanon gefallt und am Jordan 
(in der Gegend von Scythopolis) gleichfalls unter phönikischer Leitung 
eine Metallgiesserei für den Tempelschmuck angelegt. Die Lebhaftig- 
keit des Betriebs aber erhellt aus der überlieferten Zahl der nur nach 
einer Seite hin verwendeten Kräfte: den 80,000 Steinmetzen standen 
70,000 Lastträger zur Seite. 
Diese ungeheure Zahl von Arbeitern wäre wohl für den Tempel 
selbst kaum ein Jahr, geschweige denn sieben (1014-1007 v. Chr.) 
nöthig gewesen, sie erscheint aber nicht zu gross für die imposante Sub- 
struction des Felsenplatcaus, welche sich mit ägyptischen Pyramidal- 
bauten messen durfte, und selbst die Mauerreste von Ruad, wenn auch 
nicht an Kolossalität der Quadern, so doch an exacter Arbeit übertrifft. 
Nach der überlieferten Arbeiterzahl kann man auch den salomonischen 
Antheil an der noch theilweise erhaltenen Substruction kaum über- 
schätzen, wenn auch die Substructionsgewölbe der Südostecke in ihrer 
jetzigen Gestalt erst unter Herodes oder selbst noch später neuherge- 
stellt wurden. Bei allen vorderasiatischen Culturvölkern spielt die Her- 
stellung von Terrassensubstructionen eine sehr bedeutende, ja sogar im
	        
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