Vorwort.
VII
sächliche Erscheinung vorweg behandelt werden müsste, um die Theorie zur
Erklärung zu bringen, und manchmal umgekehrt, wodurch zahlreiche Wie-
derholungen nöthig geworden wären. Der Verfasser sah sich daher ge-
nöthigt, in dieser Beziehung häufig instinktiv zu verfahren, um die einzelnen
Erörterungen je nach dem Gange der Darstellung an die richtige d. h. dem
Verständnisse förderlichste Stelle zu bringen und um nicht zu der peinlichen
Wahl gedrängt zu werden, entweder öfters in Räthseln, die irgend einmal
später ihre Lösung finden sollten, sprechen, oder zu deren Erklärung aus
dem pragmatisch-historischen Abschnitte vorweg nehmen zu müssen. Aus
gleichen Gründen wollte er auch das Buch neben dem Vorworte nicht noch
mit einer besonderen Einleitung belasten , welche entweder nutzlos oder un-
verhältnissmässig umfänglich hätte werden müssen. Der Verfasser würde aber
das System entschieden nicht geopfert haben, wenn es sich um ein Werk für
Fachgenossen gehandelt hätte, denen zugemuthet werden darf, sich in Ge-
duld neben den Autor an den Arbeitstisch zu setzen und mit ihm erst den
Knoten zu lösen, wo die Fäden complicirter in einander laufen, oder den
abgebrochenen Faden wieder zu suchen , aufzunehmen und neu zu knüpfen,
da ja der Fachmann sich auch nicht damit begnügen kann und darf, das fer-
tige glatte Gewebe sich ohne weitere Um- und Rückschau anzueignen.
Nicht geringer waren die Bedenken hinsichtlich der historischen
A nordnun g. Einer Geschichte ist die chronologische Reihenfolge selbst-
verständlich; allein nicht blos in der Zeit entwickeln sich die Dinge, sondern
ebenso im Raume. Der letztere hat im Alterthume theilweise sogar das Ueber-
gewicht und wenn es in einer Kunstgeschichte des Mittelalters nicht blos mög-
lich , sondern sogar angemessen erscheint, das Jahrhundert mehr zu berück-
sichtigen, als das Local der Kunstthätigkeit, da die mittelalterliche Cultur
mehr allgemein über die ganze civilisirte und zunächst christliche Welt sich
erstreckt, so ist diess im Alterthum, wenigstens in dem früheren , keineswegs
der Fall. Es konnte daher wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die Cultur-
völker einzeln behandelt werden mussten, auch wenn ihre Entwicklungs-
perioden der Zeit nach in einander griffen , wobei der Zusammenhänge unter
einander immer noch gedacht werden konnte. Eine schwer zu entscheidende
Frage aber war, 0b bei Behandlung der einzelnen Völker das chronologische
Element bis zu dem Grade durchgeführt werden sollte, dass in jeder Ent-
wicklungsperiode die drei Künste neben- und miteinander in Betracht gezogen
werden, wobei die Anfänge von Architektur, Plastik und Malerei, dann deren
Aufschwung, der Höhepunkt und endlich der Verfall in zeitlichen Abschnitten
zu verbinden gewesen wären. Ich kann nun nicht in Abrede stellen, dass
diess der historisch correctere Weg gewesen Wäre, S0 Wie auch dass die Zu-