Volltext: Kunstgeschichte des Alterthums

Vorwort. 
haftigkeit ferner, und namentlich mit der unablässigen Frage ausser Conllict 
zu bleiben, was auszuscheiden und was aufzunehmen sei. Es ist jedoch sehr 
fraglich, 0b dadurch ein befriedigendes Resultat erzielt werden könnte, da 
einerseits eine vorwiegend philosophische und ästhetische Behandlung kaum 
ohne Kenntniss des Thatsächlichen, die ja nicht als allgemein vorhanden 
vorausgesetzt werden darf, richtig gewürdigt werden kann, anderseits aber 
eine allzubedeutende Ballonhöhe, welche mit der Vogelperspective allerdings 
die weiteste Umsicht verstattet, auch das Hervorragende dem Auge unver- 
ständlich macht und im Dunste verschleiert. Ich glaubte daher eher manches 
allgemeine Wort zurück- oder zusammendrängen zu müssen, als eine wichtige 
Thatsache unerwähnt zu lassen, und bin dafür der Anerkennung derjenigen 
gewiss, welche sich durch die Lectüre meines Buches weniger gefallen als be- 
lehren lassen wollen, vorausgesetzt, dass sie einer pragmatischen Ge- 
schichte der Kunst überhaupt noch bedürfen.  
Es ward aber darum nicht versäumt, auch der Th eori e den nöthigen 
Raum zu gewähren, jedoch unter entschiedenem Ueberwiegen der te chnisch en 
über die ästhetisch e Seite. Dabei muss ich nun freilich bekennen, dass 
die fühlbare Bevorzugung des Technischen vor dem Aesthetischen nicht 
so sehr Sache specieller Ueberlegung war, ob diese gerade für den gegen- 
wärtigen Zweck sich empfehle, als vielmehr persönliche Richtungseigenthüm- 
lichkeit: obwohl es keinem Zweifel unterliegen kann, dass namentlich in 
einem kunstgeschichtlichen Leitfaden zunächst die materielle Seite ihre Erle- 
digung finden müsse, wie ich auch im mündlichenUnterrichte meinen Zuhörern 
zu rathen pflege, erst Kunstgeschichte und dann Aesthetik, deren klare Aus- 
einanderhaltung für den Anfänger doppelt zweckmässig erscheint, in Angriff 
zu nehmen, da eine objective Beherrschung des Stoffes dem subjectiven Ur- 
theile in dessen Gebiet vorausgehen_soll. Denn es ist meine feste Ueber- 
zeugung, dass auch in der kunsthistorischen Forschung die technischen und 
materiellen Bedingungen und Gründe in erster Linie zu erwägen und zu erör- 
tern sind, und dass bereits manche andere Speculation, welche diess um- 
gangen , auf Sand gebaut worden ist. Mit welch grossem Erfolge aber diese 
Richtung gepllegt werden kann, haben in neuerer Zeit z. B. Semper und 
Brunn gezeigt, und dadurch auch der ästhetischen Kunstbetrachtung we- 
sentlich neue Grundlagen bereitet. 
Im vorliegenden Falle war es nun allerdings eine kaum besiegbare 
Schwierigkeit, in der Verbindung des Theoretischen mit dem Pragmatischen 
allenthalben das richtige Verhältniss zu treffen. Ein zuweit gehendes Syste- 
matisiren durch vollständige Trennung der beiden Seiten in besondere Ab- 
schnitte würde jedenfalls zu weitläufig geworden sein, da manchmal die that-
	        
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