Assyrische Reliefplastilz.
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durchgängig in einer schweren Quastenreihe mit zwei- bis vierfachem
Perlensaum. Das Unterkleid ist glatt und weiss, nur an der Königs-
gestalt reich gemustert, das etwas kürzere Oberkleid dagegen scheint
fast ganz aus breiten F ransensäumen zu bestehen und lässt den rechten
Arm frei, wovon wieder das Obcrgewand des Königs die Ausnahme
macht, dass es mit Rosetten gemustert oder in mythologischen Dar-
stellungen gestickt ist, und als zweiärmelig beiderseits bis an den Hals
reicht. Die Füsse sind lang und kräftig, dazu geschmeidiger und natur-
wahrer wie die Hände, wenn auch die Zehen noch zu flach gelegt sind;
König und Gefolge tragen Ringe an der grossen Zehe eines Fusses, und
eine Art von Sandalen, jedoch mit kluger Berücksichtigung des Umstan-
des, dass in einer vollständigen Sohle eine Beeinträchtigung der sicheren
Functionen des Vorderfusses liege, nur an der Ferse. Ist das Unterkleid
wie beim Kriegs- und jagdgewantl kurz, so zeigt das Bein vom Knie
an eine correcte aber etwas zu strenge Bildung, welche die Muskeln hart
und striemenartig hervortreten lasst, ohne doch dem Körper jenen Aus-
druck elastischer Spannkraft zu verleihen, wie er die ägyptischen Werke
auszeichnet. Im Ganzen wie im Detail aber macht sich viel mehr Natur-
Studium bemerklich, als diess in Aegypteil zu ünden war, wo die Gestal-
ten abstracter gefasst, d. h. von dem beständigen Correctiv der Natur
ganz absehend einem weniger in der Erfahrung als in der Convention
begründeten Modelle (Canon) nachgeformt erscheinen. Statt daher hinter
der Wirklichkeit zurückzubleiben, wie die Kunst des Nilthales, geht sie
in Assyrien über die Wirklichkeit hinaus, dieselbe übertreibend und
Vfrrgröbernd. Sind die Gestalten dort ohne Fleisch und Blut, gespen-
Sterartig, als ob ihre schlanken Leiber und Gliedmaassen gar nicht für
irdische Nahrung berechnet wären, so tritt die materielle Existenz in den
Clcrbsten Spuren hier zu Tage, wo sich üppige Formenfülle aus der nor-
malen Erscheinung des wohllebenden und beschaulichen Mesopotamiers
ebenso zum Ideale herausgebildet hatte, wie die gestreckte elastische
SChmächtigkeit der ägyptischen Bildwerke aus dem Eindrucke des durch
angestrengte Thätigkeit, dürftige Nahrungsweise und klimatische Ein-
flüsse ausgetrockneten schlanken Fellalfs.
Von den in kleinen Dimensionen meist mit fusshohen Figuren aus-
geführten historischen Darstellungen sind mehr als drei Viertheile Kriegs-
scenen. Zahlreiche Städte werden belagert, in Brand gesteckt und ge-
plündert: bei hochgelegenen Städten haben die Belagerer Stein- und
Faschinendämrne zu den Mauern emporgeführt und nähern so, die
Mäuermassen zerbröckelnd, Sturmböcke nach Art der römischen den
Feinden. Die Belagerten suchen diese Belagerungsgeschütze mit Pech-