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Chaldäa, Bahylonien und Assyl
Regens, während sie anderseits vor Hereinsehen und Hereinklettern den
Schutz gewährte, wie man ihn in gleicher Weise noch heutzutage im
Orient vorzugsweise für die Harems sucht und findet.
Meiner Ansicht nach hat auch bei diesen die Lichtöffnungen bil-
denden Stützen der Säulenbau seine an den assyrischen Palästen einzige
Verwendung gefunden, denn wenn Säulen im gewöhnlichen Sinne als
deckenstützende oder gebälktragendc Glieder innen oder aussen selbst-
ständig verwendet Worden wären, so müsste doch eine Spur davon üb-
rig sein, da deren Material kaum vergänglicher hätte sein können als
das der erhaltenen Ziegelwände, und anderseits müsste auch die ganze
Anlage im Plane ihr Dasein verrathen. Allein gerade umgekehrt zeigt
jeder grössere Raum deutlich die Unmöglichkeit von Säulenstelltingen
im Inneren, indem jeder unverhältnissmässig schmal und lang erscheint,
um dadurch die Bedeckung ohne Nachhülfe von Zwischenstützen zu er-
möglichen. Es war durch diese Corrid0r-F0rm der Saalräume so viel
Schönheit und Zweckmässigkeit aufgeopfert, dass wir uns diese Er-
scheinung nur als eine structiv bedingte erklären können. Diess wirc
besonders klar an dem Hauptsaal des Essarhaddonpalastes zu Nimruc
(vgl. Fig. 46), bei welchem grössere Breite angestrebt ist, als sie die
Länge der verfügbaren Deckbalken der Horizontaldecke erlaubte. Dem
hier findet sich eine spinaaitige Zwischenwand der Länge nach hinein-
gesetzt, offenbar nur um die Deckung durch dieses subsidiäre Auflage-
zu ermöglichen; ein Hülfsmittel so störender und die Einheit und Wir-
kung des Saales dergestalt vernichtender Art, dass man unmöglich dazi
hätte greifen können, wenn das raumöffnende Element des Säulenbaue:
schon in derdazu nöthigen Selbstständigkeit in Uebung gewesen wäre.