70
Schongauer und
Martin
oberdeutschen Meister.
die
in dessen einer Landschaft (Pass. 6) wir zum erstenmal, wenngleich
kaum mit bewufster künstlerischer Absicht, das Princip der Diagonal-
teilung auftreten sehen. Weniger Raumsinn und Beobachtungsgabe
bei gleicher Vorliebe für Details verrät der Meis ter de r Lieb es
gärten (Pass. II, p. 253), der zu einer landschaftlichen Scenerie
durch die Darstellung des grofsen Liebesgartens gezwungen, völlig
regellos und unbeholfen verfahrt.
Martin Schongauer und die oberdeutschen Meister.
Derjenige Meister, welchem die eigentliche Vermittlerrolle
zwischen den Niederlanden und Oberdeutschland zuliel, war Mar-
tin Schongauer (ca. 1450-1488), ein Künstler, welcher auch
in der landschaftlichen Darstellung seine deutschen Zeitgenossen
weit überragt. Sein Verhältnis zur niederländischen Schule geht
aus seinen Werken klarer, als aus jener bekannten Briefstelle des
Lambert Lombard 1) hervor. Denn seine persönliche Schülerschaft
bei Roger van der Weyden, wie sie Lombard andeutet, ist mit
Recht wegen chronologischer Bedenken bestritten worden, während
eine Bekanntschaft mit den Werken des Brüssler Malers notwendig
vorausgesetzt werden mufs.
Schongauer ist der erste deutsche Künstler, von dem sich Ge-
mälde und zugleich Kupferstiche erhalten haben; mit Recht legt
man aber bei der kunsthistorischen Würdigung des Meisters den
Hauptnachdruck auf seine stecherische Thätigkeit, zumal die Authen-
ticität vieler unter seinem Namen bekannter Bilder eine strittige
ist. Unter den II 5 Stichen seines Werkes, die man chronologisch
zu gruppieren versucht hate), verraten bereits die frühesten neben
der Abhängigkeit vom Meister E. S. den Einflufs Rogers, wenn-
gleich sie im Landschaftlichen durchaus hinter den Werken des
Brabanter Meisters zurückstehen. Flüchtig ist die hügelige Land-
schaft behandelt, in die wir aus der Ruine bei der Geburt Christi
(B. 4) hinausblicken. Knapp ist auch der Fernblick in eine Berg-
landschaft auf der Anbetung der drei Könige (B. 6).
Gaye, carteggio III, p. 175.
2) Die letzte Anordnung von W. v.
liegt unserer Betrachtung zu Grunde.
Seidlitz
RCP
188W
x70