XV. Jahrhunderts.
Kupferstich des
niederländische
Der deutsche und
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Meister der Sibylle (Pass. II, p. 68, einen anonymen Stecher
(Pass. II, p. 236, 171), ferner die Stiche Pass. II, p. 175, I. 230,
142, 217, 56 hervor, so ist die Reihe der von Schongauer noch
nicht beeintlufsten deutschen Kupferstecher des XII. Jahrhunderts,
welche die räumliche Ausbildung des Hintergrundes mit mehr oder
weniger Geschick anbahnten, geschlossen.
Um xireniges reicher ist die Ausbeute unter den niederlän-
dischen Kupferstichen des XV. Jahrhunderts, von
denen dem Verfasser nur die von Kaiser publizierten des Amster-
damer MuseumsI) vorgelegen haben, nach deren Nummernfolge
auch im folgenden zitiert Wird. Eine Art der Hintergrundsordnung,
die auch Dürer noch mit Vorliebe für seine Madonnenstiche ver-
wendet, zeigt der anonyme niederländische Kupferstich (Kaiser
Nr. I2), wo der Künstler der Schwierigkeit, den Mittelgrund aus-
zuführen, sich dadurch entzieht, dafs er den reich mit Blumen ge-
schmückten Vordergrund durch eine Brüstung abschliefst, über der
nu1' noch der mit Architektur und Gewässer belebte Hintergrund
sichtbar wird. Ob diese Anordnung wirklich auf die Scheu vor
breiterer Ausführung des Mittelgrundes allein zurückzuführen ist,
oder nicht vielmehr aus den Rosenhagdarstellungen sich entwickelt
hat, mag dahingestellt bleiben, jedenfalls blieb sie für Darstellungen
der Madonna im Freien noch lange beliebt. Am weitesten fortge-
schritten in der landschaftlichen Ausstattung ist eine Jagdscene eines
anonymen Meisters (Kaiser 23), und zwar fällt der vedutenhafte
Charakter der- Landschaft, die Kaiser an die Umgebung Haarlems
erinnert, auf. Ein Dünenterrain mit spärlichem Baumwuchs, der
bei ziemlich mifsratenen Proportionen in den Details des Geästes
und der Stämme deutlich die Lust an naturalistischen Bildungen
verrät, bildet den geschlossenen Vorder- und Mittelgrund, während
an dem tiefgelegten Horizonte links die Türme einer Stadt (Haar-
lem?) auftauchen. Der holländische Charakter ist auch in den Dar-
stellungsmitteln unverkennbar. Sicher auch holländischer Abstam-
mung ist der Meister der Gegenstände des Boccaccioz),
1) j. W. Kaiser, curiositäs du Musäe d'Amsterdam; facsimiläs
maitres inconnus du XVe siäcle. Utrecht.
I) s. Sotzmann im deutschen Kunstblatt 1851 und Passavzult,
d'estampes des
II, 272.