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Brabanter Schule.
Die
An seine Leistungen vorzüglich knüpfen die deutschen Meister in
der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts an.
Roger war kein bedeutender Kolorist, beherrschte die Linear-
perspektive nicht, wufste auch die Luftperspektive nicht im Sinne
landschaftlicher Stimmung zu verwerten, fast alle seine Bilder zei-
gen ein scharfes, aber stimmungsloses Frühlicht. Seiner dramatisch
veranlagten Natur war der Sinn für landschaftliche Reize versagt;
pafste doch auch zu seinen leidenschaftlichen Schilderungen nicht
jene friedliche, sonnenbeschienene Naturumgebung, wie die Flandrer
sie schilderten. So malte er denn auch sein mächtigstes und seine
Eigenart am klarsten widerspiegelndes Bild, die Kreuzabnahme in
Madrid, auf Goldgrund 1). Viele andere seiner Werke zeigen uns
einen zwar äufserst gewissenhaft ausgeführten Landschaftsgrund,
aber fast in allen vermissen wir die liebevolle Behandlung, den ly-
rischen Ton, der die Landschaften seines Nachfolgers Memling so
auszeichnet. Meist sucht er die Elemente der Landschaft symme-
trisch anzuordnen, und diese etwas schematische Kompositionsweise
ging natürlich bald auf seine Schule über, die sich, wie immer, haupt-
sächlich in Äufserlichkeiten an den Meister anschlofs. So ist die
Taufe Christi im Jordan mit der tiefen Flufsperspektive seit Roger
eine typische Komposition geworden. Wir finden sie bereits auf
einem seiner Jugendwerke, dem Johannesaltärchen in Berlin (Nr.
534B). Der Jordanstrom Hiefst, in ziemlich geradem Lauf die Mitte
des Bildes vertikal durchschneidend, gerade auf den Beschauer los,
ähnlich wie in den Flufsperspektiven jan van Eycks. Hier, wie in
dem ebenfalls frühen Marienaltar in Berlin (5 34A), sind die per-
spektivischen Fehler recht auffällig; auch die Spiegelung der Ufer
im Wasser ist als ein sehr mifslungener Versuch zu bezeichnen.
Die Flufslandschaft war eins seiner Lieblingsmotive; wir finden
sie wieder in dem Triptychon der Grosvenorgalerie in London
1) Der landschaftliche Hintergrund war in jener Zeit durchaus noch nicht un-
entbehrlich, vielmehr wechselt er oft mit Goldgrund. Dafs hierin sich ein fester
Gebrauch ausgebildet hätte, wie ihn Woltmann, Gesch. d. Mal. II, 94 für die deut-
schen Schulen (mit Unrecht ohne Ausnahme) annimmt, derart, dafS die Festtags-
(Innen-)Seiten der Altäre Goldgrund haben, die Aufsenfiügel Landschaft, ist in der
ilaudrischen Kunst nicht zu beobachten.