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Die
Schule.
Handrische
esse der Zeit an solchen Weltpanoramen. Das Auge öffnete sich
für die Schönheiten der Natur, und der Wunsch, sie ganz zu um-
fassen, sie ganz in sich aufzunehmen, bricht überall durch. vDas
Verständnis der Natur war neu, man wollte sie mit vollen Zügen
geniefsen, sich ihres ganzen Reichtums bewufst werden. Kein Bild
daher, in dem nicht die ganze Fülle der Dinge wenigstens reprä-
sentiert war. Dazu gehörte aber entweder ein gewaltiger Raum
oder die kleine Dimension, und diese erhielt natürlich den Vorzug,
nicht blofs weil sie handlicher, leichter zu erlangen und herzustellen
war, sondern auch, weil sie die Übersicht und somit das behag-
liche Gefühl des Vertrautseins mit dieser reichen Welt erleichterter I).
In der That macht es den Eindruck, als habe der Meister sich
gerade bei dem winzigsten Mafsstabe vorzüglich um die Darstellung
des Landschaftlichen bemüht. Die Hintergründe der Madonna in
Burleigh-house (Crowe u. Cav. p. 103) und der Rothschildmadonna
(ebda. p. II4) scheinen das zu bestätigen. Auf der Grenze zwischen
Miniatur- und Tafelbild steht auch die unvollendete h. Barbara im
Museum zu Antwerpen. Der Turm, vor dem die Heilige sitzt,
bildet den Mittelpunkt der Komposition, die an Staffage reiche
Ebene des Mittelgrundes zeigt keinen vegetativen Schmuck, während
die leise ansteigenden Hügelketten des Hintergrundes durch Baum-
triften und reiche Architektur mannigfach belebt sind. Nur der
Himmel ist in Farben leicht angelegt, und man erkennt an der
Eintönigkeit der perspektivisch unrichtigen Linien so recht, wie
sehr der Eindruck der Landschaften der van Eycks von ihrer kolo-
ristischen Haltung bedingt ist. Und diese ist sicherlich eine der
Haupterrungenschaften Jans, der seiner Zeit und Schule darin weit
voransteht. Damit ist aber auch die Verwandlung der Terrain-
schilderung in eine bis zu gewissem Grade selbständige landschaft-
liche Komposition des Bildhintergrundes vollzogen. Im besonderen
charakterisiert die eyckische Landschaft die schon geschilderte Vor-
liebe für weite Fernblicke mit Staffage und Architektur, die über-
aus sorgfältige Ausführung der Details, das Fehlen prägnanter
Vordergrundmotive und der Mangel einer sicheren Linien- und Luft-
Schnaase,
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