Die Handrische Schule.
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komposition angeordnet ist, blicken wir hinab in eine sich weit in
die Ferne dehnende Flufslandschaft mit sanft ansteigenden Ufer-
geländen und reicher Architektur. Den Reiz solcher Fernsichten 1)
von hohem Standpunkt aus, die dann mit allerpeinlichster Sorgfalt
ausstaffiert werden, hat sicher Jan zuerst empfunden und empfinden
gelehrt. Erstaunt ruft F acius bei dem Anblick einer solchen Tafel
aus: wmontes, nemora, pagi, castella tanto arteficio elaborata, ut
alia ab aliis quinquaginta millibus passuum distare credase 2). Was
wir uns unter der von demselben Schriftsteller als Werk Jans ge-
schilderten xcomprehensio mundie zu denken haben, win quo (scil.
opere) non solum loca situsque regionum sed etiam locorum di-
stantiam metiendo cognoscasa, bleibt streitig, indes sei hier auf eine
ähnliche künstlerisch-geographische Leistung hingewiesen, die uns
eine niederländische Alexanderlegende vom Jahr 14313), allerdings
als Werk des Apelles, schildert. Es handelt sich um den Bild-
schmuck des Dariussarkophages: 20b desen serk so had Apelles
gesondert al doir brede vaesken von finen goude en dair had hi
ingewracht die ronde werlt aldus als hier staet: want azien hout
also veel als beide die ander pertien had Apelles gemaect en ge-
graven alle die steden die dair binnen waren en alle die rivieren
mete en wat volck dat dair binnen woenten. En met wat tongexi
dat man dair sprac en die grote wauder diere binnen lagen. En
ouc alle die eylande van der see en hoe si hietena ect. ect.
Diese Schilderung mag uns vergegenwärtigen, wie sich die Zeit
der Eycks solche Darstellungen dachte. Der Illuminator der Hand-
Schrift freilich, der dies Wunderbild auf dem Sarkophag des Darius
darzustellen hatte, machte sich die Aufgabe leicht, indem er in
einem Medaillon von 0,oI9 m Durchmesser ein kleines Landschafts-
bild anbrachte: im Vordergrund etwas Wasser. dahinter einen grünen
Uferstreifen mit Gebäuden und darüber blauen Himmel.
Charakteristisch bleiben jedenfalls beide Beispiele für das Inter-
z) cf. Schnaase, Gesch. d. b. Ke. VIII, p. I62.
2) In dem 1456 verfafsten Buch de viris illustribus, abgedr. bei Crowe u.
Cavalcaselle. Gesch. d. altniederl. Malerei. Deutsche Originalausg. v. A. Springer,
P- 413-
3) Brüssel, Bibliotheque de Bourgogne Nr. 9018.