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Gotischer Stil.
tiguren und diese Wurden, um die Illusion eines edeln als Mal-
grund benutzten Materials hervorzurufen, meist auf Goldgrund ge-
setzt, von dem sie sich kräftiger abhoben, ohne doch starker Mo-
dellierung zu bedürfen, welche in der Temperatechnik Schwierig-
keiten machte.
Gegen Ende des XIV. Jahrhunderts, also vor dem Einflufs
flandrischer Kunst, tauchen in der deutschen Tafelrnalerei vereinzelte
und nicht gerade immer gelungene Versuche auf, den landschaft-
lichen Hintergrund der Scenen nach Art der Miniaturen anzudeuten.
So finden wir in einem Werk der böhmischen Schule aus der
zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts, dem Nebenaltar der Vitus-
kirche zu Mühlhausen in Schwaben, bereits Landschaftsgründe, über
denen sich bald der natürliche bald ein Goldhimmel spannt I). Auch
in der schwäbischen Kunst dieser Zeit zeigten sich ähnliche An-
sätze zum Naturalismus, wie der Hauptaltar derselben Kirche be-
weist, in dessen landschaftlichen Gründen Grüneisens) sogar bereits
eine ganz tüchtige Kenntnis der Perspektive erkennen will. Selbst die
altkölnische Schule, der man so gerne Beobachtung der Natur
abzusprechen geneigt ist, kann der landschaftlichen Beigaben nicht
ganz entraten. Ein ziemlich rohes Antependium aus dem XIV. Jahr-
hundert3) zeigt solche in einzelnen Scenen (Verkündigung an die
Hirten, Einzug in Jerusalem, Christus am Ölberg, Erscheinung
Christi vor Maria Magdalena). Die idyllischen Rosenhage und blu-
migen Wiesenplane mit ihren Blüten- und Fruchtbäumen, in deren
Kronen sich Vögel wiegen, wie sie in den Madonnendarstellungen
aus der Schule des Meisters Wilhelm (Ende des XIV. Jhdts.)
nicht selten sind 4), seien nur erwähnt, um die innige Naturfreude
auch dieser Richtung der kölnischen Schule zu kennzeichnen.
Aber auch gröfsere Tiefenkompositionen fehlen nicht ganz. So
cf. Kunstblatt 1840, p. 404.
1) Kunstblatt 1840, p. 403 u. 405.
3) Köln, Mus. Wallraf-Richariz Nr. 35 (Nummern nach dem Führer von Niefseil,
Köln x863).
4) Es sei hier namentlich auf die Frankfurter Madonna im Blumenhag (Wolt-
mann, Gesch. d. M. I, p. 113) und den Berliner Flügelaltar (Katalog Nr. 1x38)
hingewiesen.