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Gotischer
Stil.
Eremiten vor seiner Klause. Hühnerkorb und Schweinestall ver-
raten das eingehende Interesse, welches der Künstler der Ausstat-
tung des idyllischen Gärtchens widmet, auch die Bäume sind sicher-
lich nach der Natur studiert , aber das Ganze zerfallt in dispr0p0r-
tionierte Einzelheiten , ohne den Eindruck eines landschaftlichen
Idylls, zu dem alle Elemente vorhanden sind, zu gewähren. Neben
peinlich genauen Tierstudien sehen wir auch landschaftliche Detail-
skizzen. Neben Baumkronen , deren Blattform bis auf den Zahn-
rand genau angegeben ist, finden wir dann aber wieder völlig
schematische und ungegliederte.
Kurz, auch von diesem Künstler gilt, was von der ganzen fran-
zösisch-flandrischen Miniaturmalerei der voreyckischen Periode gesagt
werden darf: das Einzelstudium der Natur hat begonnen,
aber die Versuche, die einzelnen Elemente zu einem
perspektivisch vertieften landschaftlichen Bildhinter-
grunde zu verschmelzen, verraten in allen Stücken
noch die Unsicherheit und Befangenheit dilettan-
tischer Kunstübungl).
Bevor wir daran gehen, den gewaltigen Umschwung zu schil-
dern, den die landschaftliche Darstellung durch die Thätigkeit der
Brüder Eyck und ihrer Schule erfuhr, müssen wir noch einen Blick
auf die Denkmale der Grofsmalerei in der deutschen Gotik werfen,
um in kurzen Zügen das Bild zu vervollständigen, welches die Ent-
wicklung der Miniaturmalerei für unsere Darstellung bot. Die Technik
des Miniators erlaubte manches kecke Wagnis, für das er bei sei-
nem {eingebildeten Auftraggeber auf Verständnis rechnen durfte.
Das Kirchenbild aber hatte seine Bedeutung seit der romanischen
Auch das wissenschaftliche Interesse an der Natur kommt in dieser Zeit
über die Beschäftigung mit den Einzelfonnen nicht hinaus. Für unsere Untersuchung
interessant ist der Umstand, dafs in dieser Periode die Pfianzenbücher auikamen. So
diejenigen in der Bibliothek des Königs Reue das Kräuterbuch des
Benedictus Riccius von 1415 auf der Markusbibliothek in Venedig, ein anderes ita-
lienisches Herbario con Iigure aus dem XV. Jhdt. cf. Wattenbach, Schriftw. d. M.
A. 2. Aufl. p. 295 Anm. 3. Bemerkenswert ist auch das eingehende Interesse, das
Leo von Rozmidal (2. Hälfte d. XV. Jhdts.) auf seinen Reisen den botanischen
Merkwürdigkeiten und ihrer Beschreibung zuwendet. cf. Bibl. d. litt. Ver. VII,
63, 67, 68, 78, 107, III.