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Gotischer
Stil.
Eichenzweiges, ein grüner Boden, Berge mit Blumen zeigen das Be-
streben, die Räumlichkeit näher zu bezeichnenß
Schon damals drang auf ähnlichem Wege, wie die mannig-
fachen Gallizismen in die deutsche Lyrik I), auch französische Form-
gebung in die deutsche Miniaturmalerei ein, und sie läfst sich z. B.
in den Minnesängerhandschriften zu Paris und Stuttgart aus dem
Ende des XIII. Iahrhunderts z) bereits nachweisen.
Zunächst bleiben die Deutschen in der Behandlung des vegeta-
bilischen Details hinter den Versuchen des französischen Naturalismus
weit zurück. Zwar erhalten die Bäume eine angemessene Gröfse,
aber Stamm und Krone werden noch immer gleichmäfsig grün ge-
färbt3) und die Aste verschlingen sich innerhalb der von einem ge-
schlossenen Kontur umgebenen Krone noch in der alten ornamen-
talen Weise, oder verzweigen sich in frei auslaufendes Ranken-
werk 4). Das Terrain wird hie und da durch kleine Gräser und
Blümchen belebt, bleibt aber auf den schmalen Vordergrundstreifen
beschränkt, über dem der weifse Grund freigelassen wird. Die
Farbe der Tiere ist noch willkürlich. Auch in Frankreich sehen
wir neben den feiner gebildeten venlumineursa, die sich bereits im
XIII. Jahrhundert zu einer vom Klerus unabhängigen Zunft zu-
sammenschlossens), derbere Künstler auftreten, denen lebhafte und
deutliche Darstellung im alten Sinne mehr am Herzen lag, als
künstlerische Durchbildung. Die Ritterromane, welche mit ihren
neuen Stoffkreisen den illustrierenden Künstler oft genug in Ver-
legenheit setzen, legen dafür ein Zeugnis ab. So sehen wir in einer
I 341 vollendeten Bilderhandschrift des Romans zAlexandre Ma-
cedoinee in Berlinö) einen ziemlich dilettantischen Künstler sich
mit den Darstellungen der Abenteuer des Ritterkönigs Alexander
1) Wackernagel, Altfranz. Lieder und Leiche, Basel X846, p. x93, schildert
treffend diesen französischen Einfiufs auf Leben und Bildung der Deutschen.
ß) Die Weingärtner Liederhandschrift, herausgeg. vom litterar. Verein zu Stutt-
gart. Bd. V. Die Pariser von Hagen im Bildersaal altdeutscher Dichter.
3) Stuttgarter Cod. p. 50 der Publ-
4) ebda. p. 4 im Bildersaal, cf. bes. T. XVIII, XXVII, XXXII.
5) Springer, Paris im XIII. Ihdt. p. 110.
b) Kupferstichkab. Hamiltons. Inv. Nr. 79 v. Seidlitz, a. a. O. Nr. 79.