Karolingische Kunst.
füglich aus den bereits oben erwähnten Gründen die eigentliche
Hofkunst von der mehr privaten Klosterkunst trennen. Die Denk-
mäler der ersteren Art bieten für unsern Zweck geringe Ausbeute,
da sie in engem Anschlufs an römische Vorbilder auch der antiken
Naturpersonifikation einen breiten Raum gewähren. Monumente,
welche wdie Fortpflanzung formaler Traditionem aus der früh-
christlichen Zeit hätten vermitteln können und den karolingischen
Künstlern als Vorbilder am nächsten standen, wie etwa der
Ashburnham-Pentateuch, zeigen eine merkwürdige Abkehrung von
der Natur I). Dazu kommt, dafs die für den Hof geschriebenen
Manuskripte meist nur Repräsentationsbilder enthielten, in denen
wenig Raum für landschaftliches Beiwerk war. Aber die in den
Klöstern und für deren Gebrauch von Mönchen gefertigten Minia-
turen? Liegt es nicht nahe, in der reizvollen Naturumgebung und
stillen Mufse der Betrachtung, in der die Klosterilluminatoren ihre
Werke schufen, mächtige Anregung für den Natursinn und seine
Bethätigung in malerischer Naturwiedergabe zu suchen? Dem ist
zunächst entgegenzuhalten, dafs lebhaftes und inniges Naturgefühl
sich durchaus nicht notwendigerweise in dem Streben nach aus-
führlicher Schilderung der Naturgegenstände äufsern mufs, vielmehr
kann dasselbe sich in einzelnen poetischen Vergleichen, welche die
Beziehung des Menschen zur Natur ausdrücken, viel unmittelbarer
kundgeben, während malerische Darstellung der Landschaft geistige
und vor allem technische Vorbedingungen voraussetzt, welche von
der Naturliebe ganz unabhängig sind. Mit Recht sagt schon Theo-
philus: vArtis pictorum prior est factura colorumß Sehen wir uns
im Einzelfalle Zweck und Technik der Werke an, so bedarf es
keines Zurückgehens auf die Naturauffassung der ganzen Zeit, um
das Fehlen oder seltene Auftreten der Landschaften auch in diesen
Miniaturen zu erklären.
Die fränkische Miniaturtechnik ging von der Kalligraphie aus
und bevorzugte dem entsprechend die Federzeichnung. Erklärt uns
cf. Springer, d. Genesisbilder in d. K. d. frühen M. A. Abhdl. d. sächs.
Ges. d. W. x884. Über das eine rätselhafte Baumbild in dem Ashburnhannnanu-
script s. ebda. p. 719.