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Karolingische Kunst.
depingunt, aut floribus vernans, ut ver, aut aestibus exustam
vel etiam segetibus onustam ut aestatem, aut vindemiae labris vel
botris oneratum ut autumnum, aut modo frigoribus algidam modo
ignibus se calefacientem modo animantibus pabulam praebentem
modo nimiis frigoribus marcidas volucres capientem, ut hyemem,
Scripturis divinis in quibus haec ita minime continetur, contraire
noscunturiß
Dieser Angriff auf die Naturpersonifikationen beweist erstens,
dal's dieselben in karolingischer Kunst oft die Stelle der realistischen
Landschaft vertraten, sowie zweitens, dafs nur diese Art der Natur-
darstellung, keineswegs aber die letztere schlechthin verpönt wird.
sSchriftwidrig kann man diese Vorstellungen doch nur in dem
Sinne nennen, dafs die Schrift die natürlichen Dinge in ihrer wirk-
lichen Gestalt schildert und voraussetzt; schriftwidrig ist daher
naturwiclrig und der Tadel mithin gegen die Abweichung von der
Natur oder das willkürliche Schaffen der Phantasie gerichteta I).
Auch andere karolingische Schriften bezeugen uns, dafs natur-
feindliche Tendenzen dem fränkischen Klerus durchaus fernlagen,
so ist namentlich Hrabanus Maurus (ca. 785-856) von grofser Na-
turliebe beseelt und sucht dieselbe in seinem encyklopädischen Werk
auch theologisch zu begründen. Gelegentlich der Besprechung der
sportentaa (de universo VII, cap. 7) sagt er von diesen: wnon sunt
contra naturam, quia divina voluntate Hunt, cum voluntas Creatoris
cuiusque conditae rei natura sit. Unde et ipsi gentiles Deum modo
naturam modo Deum appellanta und am Schlufs des 7. Kapitels:
sDCüS est sanctus in omnibus operis suism In der Einleitung zum
neunten Buch seiner Encyklopädie, die übrigens in vielen Punkten
von älteren Quellen, namentlich den Etymologieen des Isidorus von
Sevilla abhängig ist, versteigt sich der gelehrte Bischof von Mainz
sogar zu dem Satz: xNihil (enim) mundo pulchrius oculis carnis
aspicimusa, und die Schilderung des Paradieses (lib._XII, cap. 3)
verrät auch den Naturfreund; dieser vhortus deliciaruma est enim
ligni et pomiferarum arborum consitus, habens etiam et lignum
vitae: non frigus non aestas sed perpetua aeris temperies, ex cuius
Schnaase,
Gesch.
III.
622.