Karolingische Kunst.
vDlC Wiederherstellung der antiken Kultur, deren Herrlichkeit sei-
nen Geist erfüllte 1)(c , war das eigentliche Programm der Bestre-
bungen Karls des Grofsen.
Für die Sicherung der unterworfenen Völkerschaften konnte er
der Hilfe der christlichen Kirche nicht entraten. Um jedoch diese
politischen Ziele ungehindert verfolgen zu können, suchte er den
fränkischen Klerus möglichst unabhängig von Rom zu machen und
an seine Person zu ketten. Die an seinem Hofe gepflegte Bildung
dem ganzen Volke mitzuteilen, war natürlich auf einem teilweise
noch ganz unkultivierten Boden nicht möglich, und die Vorstellung
von der Höhe karolingischer Kultur wird bedeutend gemindert,
wenn man diese in den abgelegenen Klöstern oder an den Grenzen
des Reichs aufsucht. Gerade dort aber, wo der italienisierende Ein-
Hufs der höfischen Bildung weniger tief eindrang, dürfen wir die un-
befangenste Bethätigung echt fränkischen Geistes suchen. Wir
trennen daher auch die Hof kunst von der mehr privaten Kloster-
kunst. Betrachten wir zunächst das Verhältnis der Hofgeistlichkeit
zur Natur und ihrer Darstellung in der Kunst. Wir besitzen für
diese Untersuchung ein wertvolles Dokument in den sog. Libri Ca-
rolini, bei deren Benutzung jedoch niemals ihr polemischer Cha-
rakter vergessen werden darf. Das Buch hatte den Zweck, die
Stellung der fränkischen Kirche zum Bilderstreit, insbesondere zu
den Beschlüssen der zweiten Synode zu Nicaea darzulegenz). Man
erkennt die vermittelnde Haltung zwischen Ikonoklasten und Ikono-
dulen: nec cum illis frangimus nec cum istis adoramus. Von grie-
chischer Seite hatte man das mosaische Gebot (Exodus 20, 4) 3) gegen
die Zulässigkeit der Bilder geltend gemacht, der Verfasser der libri
Carolini aber wendet sich gegen dessen Verallgemeinerung praef. p. 6:
wquodque Dominus de idolis praecepit, hoc illi de cunctis imagini-
1) Wattenbach, Deutschlands Geschichtsqu. im M. A. I. Aufl. p. 90.
1) Die Schrift wurde 740 in Karls Auftrag wahrscheinlich von Alcuin verfafst,
der im Namen des Kaisers selbst spricht und zugleich hervorhebt; quod opus ag-
gressi sumus cum conniventia sacerdotum in regno a. D50 nobis cgncesso Catholicis
gregibus praelatorum. p. II der Praefatio, in der Ausgabe von Heumann, Han-
noyer 1731 , nach der im folgenden zitiert wird.
3) Non facies tibi sculptile, neque omnem similitudinem, quae 8st in caelo de-
super et quae in terra deorsum, nec eorum quae sunt in aquis retten-au