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Albrecht Dürer.
den Mittelgrund verdeckt, ist namentlich die Anordnung der Heili-
gen Familie unter einem die Mitte des Bildes einnehmenden Baum,
die Dürer gerne wählte I), entsprechend seiner Vorliebe, die Haupt-
gruppen der Darstellung auch landschaftlich zu betonen.
In die Jahre 1513 und 1514 fallen jene beiden merkwürdigen
Kupferstiche, in denen sich die grüblerische Richtung der Dürerischen
Phantasie recht deutlich ausspricht, und die man wohl mit Recht
als die hervorragendsten Leistungen seines Grabstichels bezeichnete
Man möchte glauben, Dürer habe sich Albertis Mahnung zu Her-
zen genommen: 263. potissimum pingenda sunt, quae plus animis
quod excogitent, relinquant, quam quae oculis intueantum, wenn
man die vMelancholiez und wRitter, Tod und Teufela betrachtet.
Dafs es indes künstlerische Probleme waren, welche den Meister
bei diesen Darstellungen hauptsächlich interessierten, scheint uns
auch die übergrofse Gewissenhaftigkeit derAusführung zu bestätigen.
Die landschaftlichen Gründe sind dem Gegenstande meisterhaft an-
gepafst. Wie herrlich stimmen die phantastischen Himmelserschei-
nungen (Komet und Regenbogen), die über die weite Meeresfläche
des Hintergrundes ihr geheimnisvolles Licht senden, in das faustische
Stimmungsbild der Melancholie hinein! Eine vorzügliche Folie für
den furchtlosen Ritter, dem Tod und Teufel nachstellt, bildet die
schwarze Felswand, die hinter den Gestalten bis zur Kopfhöhe auf-
steigt, nur in der Mitte am Haupte des Ritters einen Ausblick frei-
lassend in die steil aufragenden Berge des l-lintergrundes, deren
Burgkrönung auf das sauberste ausgeführt ist. Das stachliche,
dürre Gestrüpp und die schroffen, zerklüfteten Felsformen stehen
in vorzüglichem Einklang zu der barocken Geleitschaft des Ritters
ohne Furcht und Tadel z).
In das Jahr I 514 setzt Ephrussi3) eine Reise Dürers durch Süd-
deutschland, die Schweiz und den Elsafs und sucht die Landschaften
eines Skizzenbuches aus der ehemaligen Sammlung Grahl auf diese
1) Die heilige Familie (Hz. B. 96), Berliner Studie zur Madonna mit der Birne,
Ruhe auf der Flucht, Zeichnung der Sammlung Klinkosch iu Wien. (Ephrussi 186.)
2) Ähnlich ist auch die krause Fels- und Wolkenbehandlung auf dem phantasti-
schen Ätzdrucla: die Entführung auf dem Einhorn B. 72 zu dem Vorgange gestimmt.
3) Gaz. d. 1878.-