Albrecht Dürer.
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Vordergrundes sehen wir eine Ansiedelung mit Kirche und mannig:
fachen Gebäuden, mit dem gegenüberliegenden Ufer des vorüber-
strömenden Flusses durch eine Brücke verbunden, Der Weg führt
von dieser links weiter hinauf zu den steilen Felsen des tiefaus-i
gebuchteten Flufsufers. Auch das Heiligenkreuz fehlt nicht auf
dem Felsenpfad, das den Wanderer an einen Unglücksfall erinnern
soll. Auf der rechten Seite zieht sich ein Weg von der Ansiedelung
hinauf in die Berge, ein zweiter an Gehöften vorüber nach der
isolierten Bergkuppe rechts, an deren Abhang in tiefer Schlucht
ein Gebirgsbach zum Strome hinabeilt. Das Geröll und Geschiebe
dieses Bergwassers ist sehr fein beobachtet. Der schroffe Felsen-
hintergrund der Landschaft ist in tiefe Schatten gehüllt und kon-
trastiert wirkungsvoll zu den lichten, wenn auch etwas körperhaft
stilisierten Wolken, über welche die Kugel der Göttin dahinrollti).
Dürer gefiel sich in dieser Zeit augenscheinlich in solcher breiten
Auflösung der Kompositionsmassen, wie sie uns z. B. auch in der
Handzeichnung der Albertina entgegentritt, welche die Heilige F a-i
milie in einer durch Tiere und Pflanzen überreich belebten Land-
schaft 2) darstellt, WO auch der steil aufsteigende Hintergrund wieder-
kehrt, ebenso wie in dem Holzschnitt (B. 2) Simson mit dem Lö-
wen, den Rettberg um 1497 datiert.
Weit abgeschlossener sind die Landschaften der Apokalypse.
Man vergleiche namentlich B. 63 mit den vorhergenannten. Den
Vordergrund bildet ein nur rechts auf einem Anstieg von Bäumen
bestandenes Terrain, von dem man in den Mittelgrund blickt, wel-
cher ein Gewässer mit Wasserburg wieder eins von Dürers
Lieblingsmotiven zeigt. Links steigen über einem von Busch-
werk umsäumten Ufer steile Felsen auf, auf deren bewaldeter Höhe
eine gröfsere Burganlage sich erhebt. Die Berge ziehen sich, das
I) Vgl. auch die ganz ähnliche Art, den Hintergrund durch Wolkenschatten
zu verdunkeln, auf der Himmelfahrt Mariae (B.
2) Ephrussi datiert die Zeichnung um 1500, Thausing mit Unrecht früher. Auch
die Skizzen zum St. Veiter Altar (in Basel 1502) zeigen noch, wie der Calvarienberg
des Bildes selbst, diese steile Auftürmung des Hintergrundes. Ebenso verrät der
Paumgärtnersche Altar in München (nach Ephrussi um 1503) wenig Übung in der
Linearperspektive.
Kaemmerer, Die Landschaft in der deutschen Kunst. 7