Albrecht Dürer.
Meister hätte seine Gestalten in Landschaften versetzt, wie die oben
geschilderten Veduten es waren, realistisch bis ins kleinste hinein,
der würde bei dem Anblick seiner Bilder und Kupferstiche gröblich
überrascht werden. Auch Dürer komponiert seine Landschaften,
wie seine Vorgänger es gethan, und, wenn er auch hier und da Mo-
tive aus seinen Skizzenbüchern verwendet I), so bleibt doch die Mehr-
zahl seiner Hintergründe Ideallandschaft. Dafs wir sie trotzdem sel-
ten als solche empfinden, dafs sie uns mit der Figurenkomposition
als ganz naturgemäfs zusammengehörig erscheint, das ist die Lei-
stung des Dürerschen Genies, welche ihn weit über seine Zeit hin-
aushebt und auf seine Schüler einwirkte, um dann, da sie nur auf
dem Boden emsigsten Naturstudiums sich hätte entwickeln können,
bald in Manier überzugehen. Die Altdorfer, Hirschvogel, Lauten-
Sack u. a. glaubten sich sicherlich im Besitz des Dürerschen Area-
nums landschaftlicher Komposition und brachten doch nur Unnatur
und Phantastik in ihren Landschaften zu Tage.
Überblicken wir die von Dürer geschaffenen Werke, so fällt
uns zunächst auf, dafs wir in seinen Kupferstichen und Holzschnitten
für unsere Untersuchung eine weit reichere Ausbeute finden, als in
seinen Gemälden. Und doch scheint uns eine vollendete land-
schaftliche Darstellung mit so vielen Bedingungen an das Element
der Farbe geknüpft, dafs wir über das Verhältnis füglich staunen.
Der Satz, dafs die Landschaftsdarstellung ohne Farbenreiz notwen-
dig eine unvollkommene bleibe, erfährt seine Einschränkung aller-
dings in der Kunstgeschichte selbst. Oder ist es ein rein äufserlicher
Zufall, dafs wir die Bedeutung eines Rembrandt, Herman Swanevelt,
Simon de Vlieger u. a. als Landschafter fast nur in ihren Radirungen
kennen lernen? Und, was für die realistische Landschaft sich nach-
weisen läfst, gilt in noch viel höherem Mafse von der komponierten,
zu deren idealem Charakter die Behandlung in Farben oft genug
in Widerspruch geraten kann. Man vergleiche nur einmal daraufhin
die landschaftlichen Scenerieen in Dürers Gemälden und in seinen
S0 z. B. das vWeier Hawsw (Hdz. d. Brit. Nlus.) in der Madonna mit der
Meerkatze (B. 42). Wo der Gegenstand es verlangt, wie z. B. in der Badstube
(B. 128), benutzt Dürer natürlich Nürnberger Motive.