Albrecht Dürer.
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Florentiners, die dieser gewissermaßen zur Rechtfertigung in seine
subtilen Untersuchungen über das Wachstum der Bäume einschiebt:
vAdunque tu pittore, che non ai tali regole, per fugire il biasimo
delle intendenti, sia uago di ritrare ogni tue cosa di naturale e non
dispensare lo studio, come {anno li guadagnatorial).
Als Dürer den Stich Adam und Eva (B. I, 1504), dessen Ge-
stalten mit seinen theoretischen Studien über die menschliche Pro-
portion in unverkennbarem Zusammenhang stehen, vorbereitete,
sehen wir ihn auf einem Skizzenblatt (im British Museum) neben
den anatomischen Details, Arm- und Handstudien, mit gleicher
Gewissenhaftigkeit die Felspartie des Hintergrundes und einen
Baumzweig sorgsam studieren. Sicher lauschte er auch für diese
Entwürfe der Natur alle kleinen Geheimnisse ab, und jenes land-
schaftliche Detail hat für ihn die gleiche Wichtigkeit, wie das
anatomische 2). Der gleichen Zeit (um 1504) dürfen wir Dürers zahl-
reiche Tier- und Pflanzenstudien zuweisen. Das berühmteste der-
selben ist unstreitig das Kaninchen in der Albertina vom Jahre 1502
(Br. phot. 587). Die Natur des Tieres ist in Haltung und Detail
mit erschreckender Wahrhaftigkeit wiedergegeben. Wie köstlich
beobachtet sind z. B. die Nackenfalten, die durch das furchtsame
Zurückziehen des Kopfes entstehen, die schnuppernden Nasenflügel,
das ängstlich aufpassende Auge u. s, W. u. s. W. In Bezug auf
photographische Treue kommt dieser Studie nur das Blatt mit der
Ochsenschnauze aus der Sammlung Malcolm gleich, das allerdings
erst 1520 aquarelliert wurde und wohl auf niederländische An-
regung zurückgeht.
Nicht minder sorgfaltig als die Tierstudien, die wir an dieser
Stelle natürlich nicht im vollen Umfange würdigen können, sind
I) a. a. O. XVI, p. 249.
2) Hier gehören auch die vielen Felsstudien her, die bald breiter, bald detail-
lierter behandelt stets die Natur des Steines in ihrer Bruchlläche verraten. Siehe
Thausing I, p. I27. Ebenso die Baumstudien im Besitz des Herrn von Franck in
Graz, Thausing I, p. I2! und Hausmann so wie die 3 Linden in der Bremer
Kunsthalle (Ephrussi, p. 108), die bei aller Schlichtheit der Umrifszeichnung eine
durch Lichtführung und Baumschlag köstlich belebte Baumgruppe bilden. Der
Baumschlag Dürers ist von keinem seiner Schüler in dieser Vollendung und Natür-
lichkeit wieder erreicht worden.