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Hätten die Protestanten unter diesen Verhältnissen den Sieg
davon getragen, so wäre der Schaden ungemein gross, vielleicht
unersetzlich gewesen. Denn Niemand der den Charakter der Fran-
zösischen Calvinisten kennt, kann daran zweifeln: wenn sie die
Regierung in ihre Hande bekommen hätten, würden sie die reli-
giösen Verfolgungen wieder in's Leben gerufen haben, die sie, so
weit ihre Macht reichte, schon durchzusetzen gesucht hatten. Nicht
nur in ihren Schriften, sondern auch in ihren Edicten und Ver-
sammlungen finden wir hinlangliche Beweise von dem unduldsamen
Geist der Einmischung, der zu jeder Zeit die geistliche Gesetz-
gebung charakterisirt hat. Dieser Geist ist in der That die richtige
Folge der Voraussetzung, von der alle theologischen Gesetzgeber
ursprünglich auszugehen pflegen. Der Priesterstand lernt es als
seine Hauptaufgabe betrachten, die Reinheit des Glaubens zu be-
wahren und sie gegen alles Eindringen von Ketzerei zu bewahren.
So wie sie daher zur Gewalt gelangen, geschieht es fast immer,
dass sie in die Politik ihre Gewohnheiten, die sie in ihrem Amte
angenommen, mit herüber-bringen; und da sie religiösen Irrthum so
lange als verbrecherisch angesehen haben, so versuchen sie dann
natürlich ihn zur Strafe zu ziehen. Und da alle Länder Europais
in der Zeit ihrer Unwissenheit einmal von Priestern regiert worden
sind, so finden wir in allen Gesetzbüchern die Spuren ihrer Ge-
walt, die der Fortschritt der Einsicht allmählig auslöseht. Wir
finden, dass die Bekenner der herrschenden Religion Gesetze gegen
die Bekenner anderer Religionen erlassen, bisweilen sie zu ver-
brennen, bisweilen sie zu verbannen, bisweilen ihnen das Bürger-
recht, bisweilen ihnen nur ihre politischen Rechte zu entziehen.
Dies sind die Abstufungen, die die Verfolgung durchläuft; wenn
wir auf sie achten, können wir in jedem Lande die Lebenskraft
des kirchlichen Geistes darnach beurtheilen. Zugleich giebt die
Theorie, wodurch solche Maassregeln aufrecht erhalten werden,
gewöhnlich Anlass zu andern etwas verschiedenen aber ähnlich
gearteten Maassregeln. Denn durch die Ausdehnung der Autorität
des Gesetzes sowohl auf Meinungen als auf Handlungen wird die
Basis der Gesetzgebung auf eine gefährliche Weise erweitert; die
soll, erstens , dass er ja nicht den Verdacht auf sich laden werde, als verfolge er die
Protestanten bloss aus Staatsinteresse." Bwzin, Hist. de Louis XIII, II, 320 sagt,
Richelieu habe die Hugenotten angegriffen mm auomze idäe de persäcution religieuse,
und so Uapqfigzee, Richelieu I, 274; und dasv ehrliche Zugeständniss des Protestanten
Le Vassor, in seiner Hisf. de Louis XIII, V, 11.