VODI
bis zum
18. J ahrh.
49
diesem Zwecke hielten sie gleich nach dem Tode Heinrichs IV.
eine grosse Versammlung in Saumur, wo sie förmlich verlangten,
es sollten keine katholischen Processionen in irgend einer Stadt,
einem Ort oder einem Schloss, die von Protestanten bewohnt wür-
denfßs) gehalten werden dürfen. Da die Regierung nicht geneigt
schien, diese unerhörteAnmassung zu unterstützen, so unterzogen
die unduldsamen Sectirer sich selbst der Ausübung des Gesetzes.
Nicht nur griffen sie die katholischen Prozessionen überall an, wo
sie sie trafen, sondern sie fügten auch den Priestern persönliche
Beschimpfungen zu, und suchten ihnen sogar zu verwehren, den
Kranken das Sacrament auszutheilen. Wenn ein katholischer Prie-
ster eine Leiche begrub, waren die Protestanten sicher dabei, unter-
brachen das Begräbniss, machten die (Zeremonien lächerlich, und
versuchten, durch ihr Geschrei die Stimme des Priesters zu über-
tauben, dass man den Gottesdienst in der Kirche nicht sollte hören
können. m") Ja, sie begnügten sich nicht einmal immer mit solchen
Demonstrationen. Einige Städte waren unvorsichtiger Weise in ihre
Gewalt gegeben, und nun übten sie diese mit der grössten Unver-
schämtheit aus. In La Rochelle, ihrer Bedeutung nach die zweite
Stadt im Königreich, wollten sie den Katholiken auch nicht eine
einzige Kirche zugestehen, um darin den Gottesdienst zu halten,
der Jahrhunderte lang die einzige Religion Frankreichs gewesen,
und noch die der überwiegenden Mehrheit des Volks warum)
Dies bildete jedoch nur einen Theil des Systems, wodurch die pro-
testantische Geistlichkeit die Rechte ihrer Mitunterthanen unter ihre
Füsse zu bringen hoffte. Im Jahre 1619 erliessen sie in ihrer
Generalversammlung zu Loudun die Verordnung, dass in keiner
l 139) „Les proeessions eatlwliques serdienl inlerdites dans lautes les plclees, villes et
clldfeaux oeczlpes par eeux de la religlon". Oapeßyzlek Richelieu I, 39.
'39) Hiervon haben wir die unzweideutigsten Beweise; denn die Thatsachen wurden
nicht nur 1623 von den Katholiken angegeben, sondern auch von dem protestantischen
Historiker Benoist niedergeschrieben, ohne abgeleugnet zu werden: „0n y aeeusoit les
Tefßrmez afinjzlrier les prätres, qmmd ila le: voyoämt passer; Wempöeller les proeession:
des eatlzqliques; Padministwztion des sacremens MM malades; Pentewement des morts
avee les eeremonies aeooutumees; que las reformez süätoient empm-ez des eloclzea
e" quelques liezlx, et en d'autres se servoient de celles des edtholiques pew averiir de
du präehe; qu'il: afeetoienl de faire du bruit autour des eglises pendlmt le
serviße; qu'il: tournoient m derision les eeremonies de Peglise romaine". Benoist, kist.
de l'e'dz't de Nantes, II, 433, 434: siehe auch 149, 150.
m) On pouvalt dire que ld Rochelle etult la eapitale, le samt temple du ealviniame;
car an ne voyait lä aueune äglise, aucune eereänoozie papiste". Oapefigueüz Richelieu I, 342.
Buckle, Gesell. d. Civilisation I. 2. 4