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Franz.
des
Geschichte
Geistes
Der versöhnliehe Geist der Französischen Regierung hatte also
verschiedene von den bedeutendsten Französischen Protestanten
auf ihre Seite herübergezogen und die Feindschaft der andern ent-
waffnet, wodurch die Parteiführung in die Ilande der untergeord-
neten Männer fiel, die in ihrer neuen Lage die ihrem Stande eigne
Unduldsamkeit entwickelten. Ich will keine Geschichte der gehäs-
sigen Kämpfe schreiben, die jetzt ausbrachen, aber ich will dem
Leser einige Belege von ihrer wachsenden Erbitterung geben und
einige von den Schritten andeuten, wodurch der Hass religiöser
Streitigkeiten zu einer solchen Hitze angefacht wurde, dass er zu-
letzt einen Religionskrieg entzündete, der ohne die bessere Gesin-
nung der Katholiken gewiss eben so blutig geworden wäre als die
schrecklichen Kämpfe des 16. Jahrhunderts. Denn die Französi-
schen Protestanten geriethen unter die Herrschaft von Menschen,
deren Standesgewohnheiten sie die Ketzerei als das grösste Ver-
brechen betrachten liessen; und so erzeugte sich natürlich ein
missions- und bekehrungssüchtiger Geist, der sie bewog, sich in
die Religion der Katholiken zu mischen und unter dem alten Vor-
wande, sie aus ihrem Irrthume zu reissen, die Erbitterung wieder
belebte, Welche der Fortschritt der Wissenschaft zu besänftigen
traehtete. Und da unter einer solchen Leitung diese Gesinnung
sehr rasch um sich griff, so lernten die Protestanten sehr bald
jenes grosse Edict von Nantes verachten, durch welches ihnen ihre
Freiheiten verbürgt waren und liessen sich auf einen gefährlichen
Kampf ein, durch den sie nicht ihre Religion vertheidigen, sondern
die Religion derselben Partei schwächen wollten, der sie eine Dul-
dung verdankten, welche von den Vorurtheilen des Zeitgeistes nur
mit Widerstreben zugestanden worden war.
1m Edict von Nantes war bestimmt, dass die Protestanten
völlig freie Religionsübung geniessen sollten, und dies Recht be-
haupteten sie bis zur Regierung Ludwig's XIV. Dazu kamen noch
mehrere andere Vergünstigungen, wie keine andere katholische
Regierung ausser der Französischen ihren ketzerischen Untcrthanen
würde zugestanden haben. Aber dies befriedigte die Wünsche der
protestantischen Geistlichkeit nicht. Sie waren nicht damit zufrie-
den, dass sie ihre eigne, Religion ausüben konnten, wenn sie nicht
zugleich die Religion Anderer stören durften. Ihr erster Schritt
war, von der Regierung zu verlangen, sie solle die Religions-
übungen der Französischen Katholiken, welche diese lange als den
Ausdruck ihrer Nationalreligion verehrt hatten, beschränken. Zu