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Zunahmen, erzeugte sich natürlich unter den nebenbuhlerischen
Secten ein grösserer Trieb der Ausgleichung, und da die Katho-
liken nicht nur viel zahlreicher, sondern in jeder Hinsicht viel
einflussreicher als ihre Gegner waren, so hatten sie den Vortheil
von dieser Bewegung, und zogen nach und nach viele von ihren
alten Feinden auf ihre Seite herüber. Dass diese Aufsaugung der
kleineren Secte durch die grössere aus der erwähnten Ursache
entspringt, wird noch einleuchtender durch die anziehende That-
saehe, dass die Veränderung bei den Hauptern" der Partei ihren
Anfang nahm, und dass nicht die geringeren Protestanten zuerst
ihre Anführer, sondern da.ss vielmehr die Anführer ihre Anhänger
verliessen. Dies kam daher, dass die Anführer, weil sie mehr Er-
ziehung hatten, als die Masse des Volks, für die skeptische Be-
Wegung empfänglißllßf waren, und deswegen das Beispiel von
Gleichgültigkeit gegen Streitigkeiten gaben, von Welchen der Volks-
geist noch eingenommen war. Sobald diese Gleichgültigkeit einen
gewissen Punkt erreicht hatte, wurden die Verlockungen, welche
die versöhnliche Politik LudwigTs XIII. bot, unwiderstehlich; und
besonders die protestantischen Adeligen, die den politischen Ver-
suchungen am meisten ausgesetzt waren, {ingen an, sich ihrer
Partei zu entfremden, um sich mit einem Hofe zu verbinden, der
sich bereitwillig zeigte, ihre Verdienste zu belohnen.
vEs ist natürlich unmöglich, den Zeitpunkt genau zu bestimmen,
wo diese wichtige Veränderung vor sich ging. m) Aber gewiss
ist es, dass ganz früh unter der Regierung Ludwigs XIII. viele
adelige Protestanten sich nichts aus ihrer Religion machten, und
auch die Uebrigen nicht mehr die Theilnahme dafür fühlten, die
sie früher gezeigt hatten. Ja, die Ausgezeichnetsten unter ihnen
verliessen öffentlich ihren Glauben und traten in die nämliche Kirche
ein, die man sie als den Sitz der Sünde und als die Babylonische
m) Ranke macht die Bemerkung, dass die französisch protestantischen Adeligen
Vßn ihrer Partei abiielen, aber er scheint die entfernten Ursachen dieses Abfalls nicht
gewahr zu werden, den er vielmehr für einen plötzlichen hält: „In dem nämlichen
Momente trat nun auch die grosse Wendung der Dinge in Frankreich ein. Fragen
wir, Woher im Jahre 1621 die Verluste des Protestantismus hauptsächlich kamen, so
w" es die Entzweiung der Protestanten, der Abfall des Adels." Ranke, die Päpste
II! 476. Vergl. eine merkwürdige Stelle in Bqnoist, bist. de Züfdit da Nantes II, 33.
Daraus geht hervor, dass im Jahre 1611 die französischen Protestanten sich in drei
Parteien brachen, von denen die Eine aus den "saigneurs dWninentes qualitäs "
bestand.