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des
Geschichte
Franz.
Geistes
achtetf") und die Parteien, statt sich wie bisher einander ihrer
Besitzungen zu berauben, schlugen den kühneren Weg ein, sich
auf Kosten der Kirche schadlos zu halten, zogen ohne Umstände
ihre Einkünfte ein und sacularisirten mehrere Bisthümerß?) Von
dieser empfindlichen Beleidigung, die sich Europa zum völkerrecht-
lichen Beispiel nahm, hat sich die geistliche Gewalt nie wieder
erholt, und eine sehr competente Autorität hat die Bemerkung
gemacht, seit der Zeit hätten die Diplomaten in ihren amtlichen
Handlungen religiöse Interessen vernachlässigt und dagegen sich
des Handels und der Colonieen ihrer Länder angenommenßlß) Die
Wahrheit dieser Bemerkung wird durch die interessante Thatsache
bestätigt, dass der 30jährige Krieg, dem der Westphälische Friede
ein Ziel setzte, der letzte grosse Religionskrieg ist, der geführt
worden ist;"4) kein civilisirtes Volk hat es in den letzten 200
Jahren der Mühe werth gehalten, seine eigne Sicherheit zu gefähr-
den, um seine Nachbarn in ihrem Glauben zu stören. Freilich ist
dies nur ein Theil jener grossen weltlichen Bewegung, wodurch
der Aberglaube geschwächt und die Europäische Civilisation ge-
sichert wurde. Ohne jedoch diesen Gegenstand hier weiter zu
erörtern, will ich nur zu zeigen versuchen, dass die Politik Riche-
lieu's gegen die protestantische Kirche seiner Politik gegen die
m) Vergl. den Unwillen des Papstes über diesen Frieden, Vattel, le droit des gens
II, 28 mit Rankds Päpsten, II, 576: „Das religiöse Element ist zurückgetreten; die
politischen Rücksichten beherrschen die Weltz" ein Ueberhlick über den allgem. Stand
der Angelegenheiten.
M?) Ulla Fmnce obtint, pur ee tmite, en indemnitä la souverainetä des trois
äveches, Metz, Toul et Verdun , ainsi que Celle d'Alsace. 11a satisfaction ou indemnitä
des autres parties intäressees fut eonvenne, en grande pdrtie, aux depens de regzm, e:
moyennant la säcularisdtion de plusieurs äveclzes et lläneyiees ecclesiastiqnes." lTaeh,
tableanx des rävolutions I, 328.
443) Dr. Vaughan, Proteetorale ef Oromwell I, p. OIV sagt: "Auch ist es eine
Hauptthatsache in der neuern Europäischen Geschichte, dass seit dem Westphälisehen
Frieden vom Jahr 1648 die Religion nicht mehr der Hauptgegenstand der Unterhand-
lungen war, sondern überall den Fragen über Colonieen und Handel den Platz einzu-
räumen begann." Charles Butler bemerkte, "dieser Friede habe den Einßuss der Re-
ligion auf die Politik bedeutend verringert." Butlefs Reminiscenees I, 181.
m) Die Thatsache, dass der 3Ojährige Krieg ein Religionskrieg War, bildete die
Grundlage einer der Anklagen der Kirchenpartei gegen Richelieu; und ein Autor, der
1634 schrieb, Umontroit lien an lang que Pallianee du roy de France ewec les prote-
stdnts eloit contraire am: interete de Zu reliyion eatlwllique; parceque la gugqw-g de;
Provinces Unieß, et eelle d'Alle1nagne ätoient des guewes de religian." Benoist, Hist.
de l'e'dz't de Nantes II, 536.