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Unmittelbare
Ursachen
der
Revolution.
Franz.
sie ihren grossen Gegenstand gelähmt und verstümmelt, seiner
schönen" natürlichen Verhältnisse beraubt, dargestellt. Nach diesem
Plane sinkt der Historiker zum Annalisten herunter und statt ein
Problem zu lösen, giebt er nur ein Gemälde. Ohne daher die Ar-
beiten der fieissigen Männer, welche Material zu einer Geschichte
der Französischen Revolution gesammelt haben, herunterzusetzen,
können wir mit Zuversicht sagen, dass die Geschichte selbst noch
gar nicht geschrieben werden ist; denn die es unternommen haben,
sie zu schreiben, besassen nicht die Mittel, wodurch sie in den
Stand gesetzt worden waren, sie nur als einen Theil der viel
griisseren Bewegung zu betrachten, die sich in jedem Zweige der
Wissenschaft, der Philosophie, der Religion und der Politik zeigte.
Ob ich etwas wahrhaft Werthvolles zur Abhülfe dieses Man
gels geleistet habe, ist eine Frage, die ich urtheilsfäihigen Richtern
zur Entscheidung überlasse; einer Sache zum wenigsten bin ich
gewiss: was für Unvollkommenheitcn man auch immer an mir
finden mag, der Fehler liegt nicht in der aufgestellten Methode,
sondcin in der ausserordentliehen Schwierigkeit für einen Einzelnen,
alle Theile eines so Weitlauftigen Planes in volle Wirksamkeit zu
setzen. In diesem Punkte, und nur in ihm, fühle ich, dass ich
grosser Nachsicht bedarf; über den Plan selbst habe ich kein Be-
denken, denn ich bin auf's tiefste überzeugt, dass die Zeit rasch
herankommt, wo die Geschichte des Menschen auf einen richtigen
Fuss gestellt, ihr Studium als das schönste und schwierigste von
Allen anerkannt werden wird, und wo man zu der deutlichen Ein-
sicht gelangt, dass zu seinem erfolgreichen Betriebe ein weitsehen-
der umfassender Geist, mit dem höchsten menschlichen Wissen
reichlich ausgestattet, erforderlich sei. Sobald dies vollständig an-
erkannt ist, wird die Geschichte nur noch von denen geschrieben
werden, die durch ihre Fähigkeiten zu dieser Aufgabe berufen
sind. Und sie wird aus den Händen der Biographen, Genealogen,
Anekdotensammler und Chronikenschreiber über Höfe, Fürsten und
Adelige gerettet werden aus den Händen der Schwätzer über
Nichtigkeiten, die in allen Winkeln auf der Lauer liegen und diese
grosse Landstrasse unserer National-Literatur unsicher machen.
Dass solche Compilatoren sich zu einer Sphäre, so hoch über der
ihrigen, versteigen und dass sie denken können, dadurch ein Licht
über die Angelegenheiten der Menschen zu verbreiten, gehört zu
den vielen Beweisen dafür, wie weit unsere Wissenschaft noch
zurück ist und wie undeutlich ihre wahren Grenzen verzeichnet