Unmittelbare
Ursachen der
Franz.
Revolution.
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lässigung solcher Unterscheidungen wurde allgemein. In Paris
zeigte sich die Neuerung selbst in den fröhlichen Versammlungen,
wo ein gewisser Grad von persönlichem Aufputz noch jetzt für
natürlich gilt. Bei Mittagsessen, Abendessen und Ballen wurde,
wie Zeitgenossen uns berichten, die gewöhnliche Kleidung so ein-
fach, dass sie eine Vermischung der Stände herbeiführte, und
zuletzt beide Geschlechter jede Auszeichnung in der Kleidung auf-
gaben; die Männer kamen bei solchen Gelegenheiten im gewöhn-
lichen lilrack, und die Frauenzimmer in ihren gewöhnlichen Morgen-
kleidern. Ja, dies wurde so weit getrieben, dass uns der Prinz
von Montbarey, der damals in Paris war, versichert, dass kurz
vor der Revolution selbst die, Welche Sterne und Ordensbänder
hatten, sie sorgfältig verbargen, und ihre Röcke zuknöpften, um
diese Zeichen eines höheren Ranges nicht mehr zu zeigenßml)
199) Im August 1787 schreibt Jefferson von Paris, Uorresp. ll, "124: "In Gesell-
schaft ist das Hllltbii hubillä" fast verbannt, und man fängt an, sogar zu grossen
Abendessen im Frack zu gehen , der Hof und das diplomatische Corps jedoch immer
ausgenommen. Die stehen so hoch, dass keine Verbesserung sie erreichen kann, und
sind der letzte Zufluchtsort für Etikette, Formalität und. Thorheit. Nimmt man ihnen
diese, so würden sie ja mit aller Welt auf gleichem Fusse sein." Jefferson war Staats-
mann und Diplomat, und kannte sein Geschäft sehr gut. Die Verwandlung, die er
bemerkte, war jedoch schon einige Jahre früher eingetreten. In einem Briefe vom
Mai 1786 4heisst es: „Il est rare aujourd'hui de renoontrer der-m le Monde des per-
sonne, qui soicnt cc qu'on uppclle leabilläes. Les Jcenunes saut eu clwvnise e! eu ckapeuu,
{es lzommes eu _f'roc ct an gilet." Grimm, Oorresp. XIV, 485, und über die Zunahme
der Einfachheit im Anzug im Jahr 1780 siehe ilzid. XI, 141, 142. Segur, der Zeuge
dieser Umwandlung war, und dem sie sehr missiiel, sagt von ihren Vertheidigern:
Ulla uß voyuieut pas que les frocs, remplugunt les umples e! imposaus uätemeus de l'un-
cieune cour, präsageuieut uu penchunt gänfrul pour Pägalitä." Jlfäm. de Sägur 1, 131..
Saulavie, Rägue de Louis XVI, VI, 38, bemerkt: "Las grauds, uers les approclws de
lu rävulzaiinu, rfrlvßicnfplus gue des luzbits simples et peu coutezox," und dass „zm m:
distinguu plus um duchesse d'une uctrice," S. 43. Siehe auch einen Auszug aus
Montjoye in Alisozfs Hist. I, 352, 353. Vergleiche züäm. szw Marie Autoinette I,
226, 372, II, 174 und Mäm. de Madame du Huusset, Einleitung S. 17.
990) "Les persouues du premier rang et mäme d'un äge mm, qui avaieut truvuillä
toutc leur m"; pdzW obtcnir les ordres du roi, preuva de lu plus haute faveur, s'habz'-
tuärent ü m caclzer les murques distinctivos sous le froo le plus simple, qui leur 11er-
mettait de courir ä päed duns les rues et de so confandrc duus Zu faule." Mäm. de
Mautburey, III, 161, 162. Noch eine Veränderung in derselben Richtung verdient
bemerkt zu werden. Die Baroness d'0berkirch, die im Jahr 1784 wieder nach Paris
kam, bemerkte bei ihrer Ankunft, dass "um diese Zeit die ltlänner anfingen, ohne
Waden auszugehen, und nur im vollen Staat Degen trugen; und dass der Französische
Adel so einen Gebrauch absehaffte, den das Beispiel ihrer Vorfahren Jahrhunderte hin-
durch geheiligt hatte." ITOIIM-kirvlfs Mcmoirs, I:ondon 1852 , II, 211.