Unmittelbare
Ursachen der Franz.
Revolution.
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so lange es nicht mit, Krankheit "abwechselt, in dumpfer Einförmig-
keit dahinläuft. Andererseits können die Functionen unseres thie-
rischen Lebens, wie Denken, Sprechen, Sehen und Bewegung nicht
lange ohne Ausruhen ausgeübt werden; und da sie beständig unter-
brochen werden, so lassen sie sich vergleichen und folglich ver-
bessern. Durch den Besitz dieses Mittels erhebt sich der erste
Schrei eines Kindes allmälig zu der vollständigen menschlichen
Sprache, und die ungebildeten ersten Gedanken reifen zu der Voll-
endung, welche nur eine lange Reihe successivei- Anstrengungen
hervorbringen kannßü") Aber unser organisches Leben, welches
wir mit den Pflanzen gemein haben, lässt keine Verbesserung zu
und folglich auch keine Entwickelung. Es gehorcht seinen eignen
Gesetzen, und hat keinen Vortheil von der Wiederholung, dem nur
das thierische Leben seine Entwickelung verdankt. Seine Func-
tionen, wie Ernährung und dergleichen, existiren im Menschen
mehrere Monate vor seiner Geburt, vor dem Beginn seines anima-
lischen Lebens, wo die Fähigkeit des Vergleichens, die Quelle aller
Entwickelung zu etwas Höherem, unmöglich istß") Und obgleich
die pflanzlichen Organe grösser werden, so wie der menschliche
Körper an Umfang zunimmt, so kann man doch nicht annehmen,
dass ihre Functionen sich wirklich zu etwas Höherem entwickeln;
denn in gewöhnlichen Fällen thun sie ihre Schuldigkeit eben so
regelmässig und eben so vollständig in der Kindheit, als im mitt-
leren Lebensalteixm)
466) Ueber die Entwickelung durch Uebung siehe Bichat, Sur Za m'a 207-223
467) Ibid. 189-203, 225-230. Auch Broussais in seinem vortreiiliclien Werk
Cours de plwänoloyie, 487 sagt, Vergleichung begänne erst nach der Geburt, aber dies
ist sicherlich sehr zweifelhaft. Wenige Physiologen werden leugnen, dass Erscheinun-
gen im Embryo, obgleich von den Metaphysikern (Psychologen) vernachlässigt, eine
grosse Rolle bei Äder Bildung des folgenden Charakters spielen; und ich sehe nicht
ein, wie irgend ein System der Psychologie vollständig genannt werden könne, welches
Betrachtungen übersieht, die an sich wahrscheinlich und durch keine Zeugnisse wider-
legt sind. So nachlässig ist jedoch dieser Gegenstand untersucht worden, dass wir
die widersprechendsten Angaben selbst über" den Vagitus uterinus haben; und doch
wenn er in dem Maasse existirt, wie einige Physiologen versichern, so würde er ent-
schieden beweisen, dass thierisches Lebenini Sinne Bichafs während der Foetus-
Periode beginnt. Vergl. Burdaclz, Pkysiol. IV, 113, 114 mit Wagnefs Physiol. 182.
463) "Las organes internes qm entrent alors m cxercicß, ou qm accroissent beau-
coup lem- aeiion, Mont besoin ofaucune Education; ils aitaigvzwzt laut ä coup wie per-
fection ä Zaquelle ccux de la oie animalc ne pwrvißnnvm qw 11m" habitude Jagir souvent."
Bichat, Sur Za m'a, 231.