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Unmittelbare
Ursachen
Franz.
Revolution.
und vielleicht ohnmächtig am Wege liegen bleiben. Auf der langen
und schwierigen Reise nach Wahrheit, welche der menschliche
Geist noch zu machen hat, und deren Ziel wir in unseren Tagen
noch in weiter Ferne erblicken, hängt der Erfolg sicherlich nicht.
von der Eile ab, womit wir uns auf den Weg der Forschung
stürzen, sondern vielmehr von dem Verstande, womit uns dieser
Pfad von den grossen und weitsehenden Denkern angedeutet wird,
die gleichsam die Gesetzgeber und die Gründer der Wissenschaft
sind; denn sie helfen ihren Mängeln ab, nicht durch Untersuchung
derselben im Einzelnen, sondern durch Aufstellung einer grossen
und durchgreifenden Neuerung, die eine neue Ader des Denkens
eröffnet, und frische Hülfsmittel erschafft; und diese überlassen sie
ihren Nachkommen zur Anwendung und Benutzung.
Unter diesem Gesichtspunkte haben wir den Werth Bichafs
zu schätzen. Seine Werke Wie die aller Männer von höchster Aus-
zeichnung, wie die von Aristoteles, Baco und Descartes, bezeichnen
eine Epoche in der Geschichte des Inensßhlighen Geistes und kön-
nen als solche nur richtig beurtheilt werden, wenn man sie mit
dem socialen und intellectuellen Zustande des Zeitalters, in dem
sie erschienen, in Zusammenhang bringt. Dies giebt den Schriften
Bichats eine Bedeutung und einen Sinn, die nur von Wenigen
vollständig eingesehen werden. Die beiden grüssten neueren Ent-
deckungen über die Classitication der Thiere folgen, wie wir eben
gesehen haben, aus" seiner Unterweisung. Aber sein Einfluss hat
noch -andere bedeutendere Wirkungen gehabt. Er leistete mit
-Gabanis' Hülfe der Physiologie den unschätzbaren Dienst, sie vor
der Theilnahme an der traurigen Reaction zu schützen, der Frank-
reich im Anfang des 19. Jahrhunderts ausgesetzt war. Dieser
Gegenstand ist zu weitläuftig, um ihn hier zu erörtern, aber ich
will bemerken, dass die Gelehrten, als Napoleon nicht aus Ueber-
zeugung, sondern aus selbstsüchtigen persönlichen Zwecken den
Versuch machte, die Macht der kirchlichen Prinzipien Wieder her-.
zustellen, mit schmaehvollei- Dienstfertigkeit auf seine Absicht ein-
gingen, und dass alsdann ein sichtbarer Verfall des unabhängigen
neucrnden Geistes begann, womit Frankreich 50 Jahre lang die
höchsten Wissenszweige angebaut hatte. Daraus entsprang die
metaphysische Schule, die zwar nach ihrer Aussage sich von
der Theologie fern hielt, aber auf's innigste mit ihr verbündet
war, und deren brillante Einfalle in ihrem ephemeren Glanz einen
auffallenden Gontrast zu der ernsteren Methode bilden, die man