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Ursachen
Unmittelbare
der Franz.
Revolution.
durch in die Zoologie eine bisher unbekannte Genauigkeit einßßg)
Aber Biehat erkannte mit einem noch schärferen Blick, dass selbst
dies nicht genügte. Er sah, dass jedes Organ aus verschiedenen
Geweben zusammengesetzt war, dass man also erst die Gewebe
selbst studiren müsse, ehe man erfahren könne, wie durch ihre
Combination die Organe selbst hervorgebracht würden. Diese grosse
Idee, wie alle anderen, die es wirklich sind, war nicht von einem
einzigen Manne ausgeprägt werden; denn die physiologische Be-
deutung der Gewebe war schon von drei oder vier der unmittel-
baren Vorläufer von Bichat anerkannt worden, z. B. von Oarmichael
Smyth, Bonn, Bordeu und Fallopius. Diese Forscher hatten jedoch
trotz ihres Fleisses nichts Bedeutendes ausgerichtet; denn sie sam-
melten wohl verschiedene einzelne Thatsachen, aber ihren Beob-
achtungen fehlte es an Harmonie und an allgemeiner Vollständig-
keit, welches allemal die Arbeiten derer charakterisirt, die sich
nicht zu einem beherrschenden Ueberblick ihres Gegenstandes er-
heben. 140)
Unter diesen Umständen begann Bichat seine Forschungen.
Durch ihre wirklichen Erfolge und noch mehr durch die Aussichten,
die sie erölfnen, sind sie wohl der werthvollste Beitrag irgend eines
einzelnen Physiologen zu dieser Wissenschaft. 1801, ein Jahr vor
'39) Swainson, Gcogr. zmd classzflcatinn of animals, 170, beklagt sich sonderbar
genug darüber, "dass Ouvier die einfacheren und mehr augenfälligen Charakterzüge,
die Jedermann sehen könne, und die Linnö so glücklich angewendet habe, verwerfe,
und dass er die Unterschiede der verschiedenen Gruppen von Verhältnissen abhängig
mache, die nur der Anatom verstehen könne." Und 173 sagt er: "Merkmale, die
zwar gut, aber nicht immer in die Augen fallend sind, wenn man kein Anatom ist."
_Vergl. Hodgson, On tlze omitholngie of Nepal in den Asiatin researohes XIX, 179,
Calcutta 1836. Dies ist mit andern Worten eine Klage darüber, dass Cuvier den
Versuch gemacht, die Zoologie zu einer Wissenschaft zu erheben, und ihr dadurch
natürlich etwas von ihrer populären Anziehungskraft entzog, um ihr Reize viel höherer
Art dafür zu geben. Die Irrthiimer in den Naturwissenschaften, die aus Beobachtung
entsprangen, wo man sich nur auf's Experiment hätte verlassen sollen, haben mehrere
Schriftsteller hervorgehoben, am verständigsten Saint-l-lilaire in seinen Anamalies de
forganisafion I, 98.
440) Es ist sehr zweifelhaft, ob Bichat die Werke von Smyth, Bonn oder Fallopius
kannte, und ich erinnere mich keiner Stelle, wo er auch nur ihre Namen nennt.
Bordeu jedoch hatte er gewiss studirt; ich vermuthe aber, am meisten war er unter
dem Einfluss von Pinel, dessen pathologische Ansichten gerade um die Zeit veröffent-
licht wurden, als Bichat zu schreiben begann. Vergl. Bickal, Traitä des membranes,
3-4, 107, 191; Bäclard, Anat. gänärale, 65, 66; Bouillaud, Plzilos. mädicnle, 26;
Blaimzille, Physiel, comparäe I, 284, II, I9, 252; Heule, Anat. m. I, 119, 120.