der
Ursachen
Unmittelbare
Franz.
Revolution.
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Dies waren Vorboten des kommenden Sturms, Zeichen der
Zeit, die jedem in die Augen fallen mussten. Auch an anderen
Kennzeichen fehlte es nicht, an denen man die wahre Verfassung
des Zeitalters deutlich sehen konnte. Die Regierung versetzte
gleich nach der Mitte des 18. Jahrhunderts ausser dem so eben
Erzahlten der geistlichen Macht noch einen directen und tödtlichen
Stoss. Sie vertrieb die Jesuiten. Dies ist ein Ereigniss, welches
nicht nur Wegen seiner schliesslichen Wirkungen, sondern auch
wegen der Gesinnungen der Menschen, die es verrath, wichtig ist,
und zugleich zeigt, Was auf friedlichem Wege durch die Regierung
eines Königs, der sich „den allerchristlichsten" nanntefü) ausgeführt
werden konnte.
Wenigstens 50 Jahre nach ihrer Stiftung leisteten die Jesuiten
der Civilisation grosse Dienste, theils dadurch, dass sie dem grösse-
ren Aberglauben ihrer Vorgänger, der Dominikaner und Franzis-
kaner, durch ein weltliches Element mässigten, und theils dadurch,
dass sie ein System der Erziehung, Welches alle bisherigen in
Europa übertraf, einrichteten. Auf keiner Universität fand sich ein
umfassenderer Plan des Unterrichts als der ihrigc war, und nir-
gends wurde in der That so viel Geschicklichkeit in der Behand-
lung der Jugend, oder so viel Einsicht in die Thatigkeit des mensch-
lichen Geistes im Allgemeinen entwickelt. Gerechter Weise muss
man noch hinzusetzen, dass diese berühmte Gesellschaft ungeachtet
ihrer eifrigen und prinziplosen Ehrsucht eine lange Zeit hindurch
eine treue Freundin der Wissenschaft sowohl als der Literatur war,
dass sie ihren Mitgliedern eine Freiheit und Kühnheit der Specu-
lation erlaubte, wie dies kein anderer Mönehsorden je gcthan.
Wie jedoch die Givilisation vor-rückte, verloren die Jesuiten
gerade wie alle andern Hierarchieen, die die Welt bis jetzt gesehen
hat, an Boden, und nicht sowohl wegen ihres eignen Verfalls, als
Wegen des veränderten Geistes ihrer Umgebung. Eine Einrichtung,
die vortrefflich für eine frühere Form der Gesellschaft passte, eig-
nete sich sehr schlecht für dieselbe Gesellschaft in ihrem reiferen
Zustande. Im 16. Jahrhundert waren die Jesuiten ihrer Zeit vorauf,
m) Heinrich U- püegte sich auf diesen Titel zu berufen, um seine Verfolgungen
der Protestanten zu reqßhtfertigen. Ranke? Civ. wen's in Fmuce I, 241; undkier
Musterkönig Ludwig XV. hielt sehr viel darauf. Soulavia, Rägnc de Louis XVI,
I, 155. Die Französischen Alterthümler führen ihn auf Pipin, den Vater KarYs des
Grossen zurück. Barrinytoafs Observations on the smtutes 168.
Buckle, Gesch. d. Civilisatioxx. I. 2. 20