Unmittelbare
Ursachen
der
Franz.
Revolution.
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als wir die Zahl der Falle vermehren, aus denen sie gesammelt
worden. -Dass dies eine sichere und zweckmassige Methode ist,
sieht "man nicht nur aus der Geschichte der Naturwissenschaften," 1)
sondern auch aus der 'l'hatsa.che, dass sie den empirischen Maxi-
men zum Grunde liegt, wodurch sich alle Menschen von gesundem
Verstande in den Geschäften des gewöhnlichen Lebens leiten las-
sen, auf welche die allgemeinen Sätze der Wissenschaft noch nicht
angewendet sind. Solche Maximen, die höchst .werthvoll sind, und
in ihrem Zusammenhange den sogenannten gesunden Menschen-
verstand ausmachen, sind in der That nie gesammelt und mit der
Vorsicht behandelt worden, welche der philosophische Historiker
anzuwenden verpflichtet ist.
Der wahre Einwand gegen allgemeine Ansichten über die Ent-
wickelung des Geistes einer Nation ist nicht, dass es ihnen an
Gewissheit fehle, sondern dass sie der Bestimmtheit entbehren. Und
gerade hierin unterscheidet sich der Historiker von dem Annalisten.
Dass der Englische Geist z. B. demokratischer oder wie man zu
sagen pflegt, liberaler geworden ist, ist eben so gewiss, als dass
die Königin Victoria die Krone von England trägt; aber obgleich
beide Sätze gleich gewiss sind, so ist doch der letztere bestimmter.
Wir können sogar den Tag, an dem sie den Thron bestieg, an-
geben, der Augenblick ihres Todes wird ebenso bestimmt bekannt
"werden; und ohne Zweifel werden noch manche andere Einzel-
heiten über sie genau und bis in's Kleinste aufbewahrt werden.
Wenn wir aber dem Wachsen des Englischen Liberalismus nach-
spüren wollen, verlasst uns alle Genauigkeit der Art. Wir können
das Jahr angeben, in welchem die Reformbill durchging; aber wer
kann das Jahr angeben, wo die Reformbill zuerst nothwendig
wurde? Eben so ist es gewiss, die Juden werden zum Parlamente
zugelassen werden, so gut als die Katholiken zugelassen worden
sind. Beide Maassregeln sind die unvermeidliche Folge der wachsen-
den Gleichgültigkeit gegen theologische Streitigkeiten, die jetzt
jedermann einsehen muss, der nicht mit Fleiss seine Augen davor
verschliesst. Aber während wir die Stunde wissen, in welcher die
Emancipation der Katholiken die Zustimmung der Krone erhielt,
Eine populär; aber geistreiche Ansicht über den Werth von durchschnittlichen
Angaben bei wissenschaftlichen Untersuchungen Siehe in Herscheßs Diso. an mzt. phil.
215-219.