des
Ende
VOTl1
des
bis Ende
Jahrhunderts.
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griife und Maassstäbe des Verfahrens einzuführen, welche vielleicht
für frühere Zeiten passten, aber von dem Fortschritt der Gesellschaft
weit überholt worden sind, und für die wir wirklich nichts mehr
fühlen können, obgleich sie jenes krankhafte und künstliche Inter-
esse erregen mögen, welches die klassischen Vorurtheile der ersten
Erziehung noch immer hervorzubringen Wissen.
Gegen diese Uebelstände trat Voltaire in die Schranken. Den
Witz und Spott, womit er die träumenden Schulgelehrten seiner
Zeit angriff, wissen nur die zu schätzen, die seine Werke studirt
haben. Nicht, wie man wohl angenommen hat, dass er diese
Waffen statt der Beweise gebrauchte! noch viel weniger {iel er in
den Irrthum, den Spott zum Prüfstein der Wahrheit zu machen.
Niemand konnte scharfer argumentiren als Voltaire, wenn dies
seinem Zwecke diente. Aber er hatte mit Leuten zu thun, die
keiner Beweisführung zugänglich waren, Leute, denen ihre unge-
hörige Verehrung für das Alterthum nur zwei Gedanken im Kopfe
übrig gelassen hatte, nämlich, dass alles Alte richtig und alles
Neue unrichtig sei. Gegen solche Meinungen mit Beweisen aufzu-
treten, würde überilüssig sein, und es blieb nur übrig, sie lächerlich
zu machen, und ihren Einfluss dadurch zu schwachen, dass man
ihre Urheber der Verachtung Preis gab. Dies war eine der Auf-
gaben, die Voltaire sich setzte; und er erfüllte sie vortrefflich. m) Er
brauchte also den Spott nicht als Prüfstein der Wahrheit, sondern.
als Geissel der Thorheit; und mit solchem Nachdruck theilte er
die Strafe aus, dass sich nicht nur die Pedanten und Theologen
seiner Zeit unter der Geissel krümmten, sondern dass selbst ihren
Nachkommen die Ohren geilen, wenn sie seine heissenden Worte
lesen; und sie rächen sich damit, dass sie das Andenken des
grossen Schriftstellers verleumden, dessen Werke ihnen ein Dorn
im Auge sind, und dessen blossen Namen sie mit unverhohlenem
Abscheu aussprechen.
493) Wir- können uns am besten durch die jesuitische Wuth, mit der 61' {erfolgt
wurde, davon eine Vorstellung machen, wie vortrefflich er die Schwäche und die An-
massung der Ausleger der Alten gezeichnet hatte, die in den _Sehulen und Akedemieen
glänzten und grossen Ruhm erlangt hatten durch ihre mannigfaltige und reichlich zur
Schau getragene Gelehrsamkeit." Schlot-sei's 18. Jahrhundert I, 120. Und 270 sägt
Schlosser: "Nur ein Mann von Voltairds Witz und Talent kvllnte das Lieht einer
ganz neuen Kritik über der Finsterniss dieser mühseligen und pedantischen Sammler
leuchten lassen."