vom Ende
des
Ende
bis
des
Jahrhunderts.
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Um jedoch zu dem zurückzukehren, was Voltaire wirklich
leistete, so wurde ohne Zweifel in seinem Falle die Richtung der
Zeit durch seinen von Natur umfassenden Geist verstärkt. Dieser
machte ihn von vorn herein zu weitgreifenden Gesichtspunkten
geneigt, und unzufrieden mit dem engen Horizont, der die Geschichte
bisher begrenzt hatteßu) Was man auch sonst von Voltaire's
Eigenschaften denken mag, immer muss man zugeben, in seinem
Geiste war alles gross angelegt; m) immer zum Denken aufgelegt,
immer bereit allgemeine Schlüsse zu ziehen, war er abgeneigt
einzelne Handlungen zu studiren, wenn sie nicht zur Feststellung
eines weiten und dauernden Prinzips benutzt werden konnten.
Daher seine Gewohnheit, die Geschichte darauf anzusehen, welche
Stufen ein Volk bisher durchlaufen, und nicht so sehr auf den
Charakter der Menschen zu achten, welche dieses Volk regiert
hatten. Dieselbe Richtung zeigt sich in seinen leichteren Werken,
und es ist sehr richtig bemerkt worden, '13) dass er selbst in seinen
Dramen nicht so sehr die Leidenschaften Einzelner, als den Geist
der Epochen zu zeichnen sucht. ln Mahomed ist sein Gegenstand
eine grosse Religion, in Alzire die Eroberung von Amerika, in
Brutus die Bildung der römischen Macht, in dem Tode Cäsars das
aus den Ruinen jener Macht aufsteigende Kaiserreich. 114)
Durch seinen Entschluss, den Verlauf der Ereignisse als ein
grosses zusammenhängendes Ganzes anzusehen, wurde Voltaire zu
W) In 1'763 schreibt er an D'Argental: „Il y a environ douze batailles, dont je
rfai point perle, Dieu merci, parceque fäcris l'histoire de Pesprit humain, et man um
gazettc." Oeuv. de Voltaire LXIlI, p. 51. Siehe auch seinen Brief an Tabareau,
Lettrcs inäditos de "Voltaire II, 585: "Persorme 710 Zit les dätuils des combats et des
siäges; rien n'est plus ermuyeux que Zu draite e! Zu gauclze, les öastions e! Zu contrs-
scarpes."
m?) Lamartine charakterisirt ihn als „ce yänie mm pas Z0 plus haut, mais le plus
vaste de la France." Hist. des Girondins I, 180.
H3) Biag. uiiiv. XLIX, 493. Sein "Orphelin als Za Chine" ist aus chinesischen
Quellen entnommen. Siehe Davids China I1, 258.
m) Voltaire's erstaunliche Gewandtheit zeigt sich in der Thatsache, die in der
Literatur ihres Gleichen nicht hat, dass er als dramatischer Schriftsteller eben so
gross ist, wie als Historiker. Forster in seinem vortrefflichen Life of Goldsmiilz 1854,
Vol. I, 119 sagt: "Grey's hohe Meinung von Voltairäs Tragödien wird von einer der
grössten Autorität in solchen Dingen, Sir E. Bulwer Lytton getheilt, der oft in meiner
Gegenwart die entschiedene Superiorität Voltaire's über alle seine Landsleute in der
dramatischen Kunst und seine Fähigkeit theatralische Eiffecte hervorzubringen, ver-
theidigt hat." Vergl. 001716811. of Gray und Mason, ßll. Miiford, 1855, S. 44.
Buckle, Gesch. d. (Zivilisation. I. 2. 15