des
vom Ende
Ende
bis
des
Jahrhunderts.
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Einsamkeit hinbrachte, weil er vor den abergläubischen Phantasieen
seiner schwachen und unedlen Natur zitterte. 75)
Dies war der beschränkte Geist, mit dem ein Schriftsteller,
der in seinem eignen Fache das höchste Genie entwickelte, die
grossen Thatsachen der Geschichte betrachtete, und seine Beschränkt-
heit war eine unvermeidliche Folge des Versuchs, die Entwickelung
des Mcnschengeschlechts in ihrer mannigfaltigen Verzweigung aus
Prinzipien zu erklären, die er sich aus seinem untergeordneteren
Studium gebildet hatte. l") Und es braucht sich Niemand verletzt
zu fühlen, dass ich von einem wissenschaftlichen Gesichtspunkt
den Bestrebungen Bossuefs einen niedrigern Platz anweise, als man
ihnen gewöhnlich giebt. Es ist gewiss, in manchen Fällen wirken
religiöse Dogmen auf die Angelegenheiten der Menschheit ein. Aber
es ist ebenso gewiss, dass ihr Einfluss abnimmt, wie die Civilisation
fortrückt, und dass selbst als die Macht der Dogmen auf ihrer
Höhe war, die Handlungen der Menschen noch durch mancherlei
andere Motive geleitet wurden; und da das Studium der Geschichte
diese Motive alle zusammen genommen in's Auge zu fassen hat,
so muss die Geschichte höher stehen als die Theologie, gerade
wie das Ganze mehr ist als der Theil. Die Vernachlässigung dieser
einfachen Betrachtung hat mit wenigen Ausnahmen alle geistlichen
Schriftsteller zu ernsthaften Irrthümern verleitet. Es hat sie ge-
neigt gemacht, die ausserordentliehe Mannigfaltigkeit äusserer Be-
gebenheiten gering zu achten, und anzunehmen, dass der Verlauf
75) Die Benedictiner haben Martin's Leben in ihrer Hist. lit. de Fmnce 1, part II,
413-417, Paris 1733, 4to, beschrieben. Sie sagen, er habe das erste Kloster in
Gallien errichtet: "Martin, touiours passionä pour la, solitude, ärigeerun monastöre qui
fut {e premier que l'on eüt encore m2 dem [es Gaules," p. 414. Seite 415 machen sie
das überflüssige Zugeständniss, dass der Heilige Unüzvoit poinl ätudiä Zcs sciences pro-
funes." Ich füge noch hinzu, dass die Wunder Martin's von Fleury berichtet werden,
der oifenbar glaubt, dass sie wirklich verrichtet worden sind. Fleury, Hist. ecolesias-
tique; Livre XVI, N0. 31, vol. IV, 215-217. Paris 175S,A12mo. Neander, der den
Vortheil hatte, 100 Jahr nach Flenry zu leben, begnügt sich zu sagen, die Verehrung
seiner Zeit hätte ihn einen Wunderthäter genannt. Hist. of the clmrch IV, 494.
In Maslzeim's Eccles. bist. I, 123, wird eine charakteristische Anecdote von ihm
erzählt.
'16) Bossuet giebt Seite 479 und 480 eine Art Aufzählung seiner historischen
Principien, und wenn sie richtig sind, so ist es offenbar unmöglich, Geschichte zu
schreiben. In dieser Hinsicht kann ich bei aller meiner Anerkennung von Bossuetfs
Genie nicht mit den Bemerkungen übereinstimmen, die Comic, Philos, pos. IV, 280,
VI, 316, 317 über ihn macht.