Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 2)

vom 
bis zum 
J ahrh. 
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System, aus dem sie entspringt, gerichtet. 3?) Unter der Maske 
eines Mannes von Welt, der natürliche Gedanken in gemeinfass- 
licher Sprache ausdrückt, verbarg Montaigne einen hohen und 
kühnen Forschergeistßß) Obgleich er die Fassungskraft, Welche 
das grösste Genie ausdrückt, nicht besass, hatte er doch andere 
Eigenschaften, die einem grossen Geiste wesentlich sind. Er war 
sehr vorsichtig und dennoch sehr kühn. Er war vorsichtig, denn 
er wollte Sonderbarkeitcn nicht darum glauben, weil sie von den 
Vorfahren überliefert waren; und er war kühn, denn er liess sich 
durch die Vorwürfe nicht irre machen, womit die Dogmatiker alle- 
mal Diejenigen überschütten, deren Einsicht den Zweifel herbei- 
führtß") Diese Eigenschaften würden Montaigne jeder Zeit zu 
einem nützlichen Manne gemacht haben; im 16. Jahrhundert mach- 
ten sie ihn zu einem bedeutenden Manne. Zugleich beförderte sein 
leichter und unterhaltender Stil 41) die Verbreitung seiner Werke, 
 
53) Hallam, Lii. of Europe II, 29 sagt, sein Skepticismus geht nicht gegen die 
Rcligion- Wenn wir aber das Wort Religion im Sinne von Dogmatik gebrauchen, so 
ist es klar, dass Montaigne ein Skeptiker, und zwar ein unerbittlicher war. Ja, er 
geht so Weit, dass er behauptet, alle religiösen Meinungen wären die Folge der Ge- 
wohnheit: "(Jomane de way nous afewons aultre mire de la väritä ct de la reisen, que 
Fcxcmplc et {die des apmions et usanoes du paäls 012 nous sommes: lä es! tousiours 1a 
pmfaictc Tälzyion, la pmfaicte police, paajizict et accomply usaye de toutes choses." 
Essais de Montaigne L. I, C. XXXIII, p. 121. Als eine natürliche Folge davon stellt 
er auf, Irrthum in der Religion sei kein Verbrechen, S. 53; vergl. S. 28. Siehe 
auch, was er von den Anmassungendes theologischen Geistes, S. 116, 508, 528 sagt. 
Montaigne scheint im Allgemeinen das Dasein religiöser Wahrheiten anerkannt, aber 
unsre Fähigkeit, sie zu begreifen, bezweifelt zu haben; d. h. er zweifelte, ob bei der 
ungeheuren Menge religdöser Vorstellungen wir im Stande wären, mit Gewissheit zu 
Sagen, welche die richtigen seien. Seine Bemerkungen über Wunder S. 541, 653, 
654, 675 lassen uns einen Blick in den Oharacter seines Geistes thun; und was er 
über prophetische Visionen sagt, wird von Pinel in seinem tiefsinnigen Werk: Aliä- 
nutzen mentale S. 256 angeführt und bestätigt. Vergl. Maury, Läyendes pieuses 
S- 268, die Anmerkung.  
3") Sein Freund, der berühmte De Thou, nennt ihn einen offenen Mann, einen 
abgesagtßll Feind alles Zwanges. Mün. in De Thou Hist. zum). I, 59; IX, 590- Und 
Lamartine stellt ihn neben Montesquieu und nennt sie "diese beiden EIOSSCTI RßPllbl-i- 
kaner des Französischen Gedankens." Hist. des Girondvins I, 174. 
40) Er sagt Essais, 97: „ce n'est pas ä Vddventure sdns reisen quer nous attri- 
buons ä simplesseet ignoramce la facilitä de eroire et de aß laisser persuader." 
Vergleiche zwei treffende Stellen S. 199 und 685. Nichts dergleichen war je zuvor in 
der Französischen Sprache erschienen. 
4') Dugald Stewart, ein von Montaigne sehr verschiedener Geist, nennt ihn "die- 
sen sehr unterhaltenden Autor." Philos. vf tlw miud I, 468. Aber Rousseau, in
	        
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