vom Ende
des
Ende
bis
des
Jahrhunderts.
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Antichrists und die Verbindung dieses wichtigen Ereignisses mit
dem Schicksale der Französischen Monarchie muss sie mit heiligem
Schauder erfüllt haben. Mit frommer Verwunderung müssen sie
die Beleuchtung dieser Gegenstände aus den Schriften der Kirchen-
väter und dem Briefe an die Thessalonieher vernommen haben.
Sie müssen dies alles leicht hingenommen haben, denn die Anbe-
tung des Königs und die Verehrung der Kirche waren die zwei
Hauptgrundsätze jener Zeit. Zu gehorchen und zu glauben waren
die Grundgedanken einer Periode, in der die schönen Künste eine
Zeitlang blühten, in welcher die Auffassung der Schönheit obgleich
zu wählerisch, ohne Zweifel scharf war, in der Geschmack und
Phantasie in ihren niedern Regionen mit Eifer gepflegt wurden,
in der aber auf der andern Seite Originalität und Unabhängigkeit
des Gedankens ausgelöscht, die grössten und weitreichendsten
Gegenstände zu erörtern verboten, die Wissenschaften fast verlas-
sen, Reformen und Neuerungen gehasst, neue Gedanken verachtet
und ihre Urheber bestraft wurden, bis zuletzt das üppige Genie
bis zur Unfruchtbarkeit gezähmt und die nationale Intelligenz zu
jener dumpfen und eintönigen Mittelmässigkeit heruntergebracht
wurde, welche die letzten 20 Jahre der Regierung Ludwigs XIV.
charakterisirt. Nirgends können wir ein besseres Beispiel dieser
reactionären Bewegung finden, als in dem Falle Bossuefs, Bischofs
von Meaux. Der Erfolg, ja sogar die blosse Existenz seines Werks
über allgemeine Geschichte wird unter diesem Gesichtspunkt höchst
lehrreich. An sich selbst betrachtet ist das Buch die peinliche
Blossstellung eines grossen Genies verzerrt durch ein abergläubi-
sches Zeitalter; aber in Beziehung auf die Zeit, in der es erschien,
ist es ein unschätzbares Symptom des Französischen Geistes; denn
es beweist, dass am Ende des 17. Jahrhunderts einer der ausge-
zeichnetsten Männer in einem der ersten Länder Europe's sich
willig der Demüthigung des Verstandes unterwerfen und eine blinde
Leichtgläubigkeit entfalten konnte, deren sich in unsern Tagen_selbst
die schwächsten Köpfe schämen würden, und dass dies so wenig
Anstoss erregte, oder Tadel auf das Haupt des Verfassers häufte,
dass es vielmehr mit allgemeinem und unbedingtem Beifall aufge-
nommen wurde. Bossuet war ein grosser Redner, ein vollendeter
Dialektiker und jener unbestimmten Erhabenheit vollkommen n1äch-
tig, wodurch die meisten Menschen sich so leicht hinreissen lassen.
Alle diese Eigenschaften verwendete er einige Jahre später auf die
Hervorbringung eines Werkes, welches wohl das furchtbarste ist,