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Historische Literatur
Frankreich
liess sich nicht besanftigen. Er verbannte Fenelon vom Hofe, und
liess einen Mann, den er im Verdacht hatte, dass er einen Tadel
gegen die Maassregeln der Landesregierung auch nur angedeutet
habe, nie Wieder vor sich erscheinen. 38)
Wenn der König auf blossen Verdacht hin so mit einem grossen
Schriftsteller, der im Bange eines Erzbischofes und im Rufe eines
Heiligen stand, verfahren konnte, so war es nicht wahrscheinlich,
dass er mit untergeordneteren Leuten sanfter Umgehen werde.
168i liess sich der Abbe Primi, ein Italiener, der damals in Paris
wohnte, bewegen, eine Geschichte Ludwigs XIV. zu schreiben,
Der König freute sich über den Gedanken, seinen Ruhm zu ver-
ewigen und liess dem Verfasser mehrere Belohnungen zukommen;
und es wurden Einrichtungen getroffen, das Werk italienisch zu
schreiben, und sodann gleich in's Französische zu übersetzen.
Aber als die Geschichte erschien, fanden sich darin allerlei Dinge
erwähnt, deren Verölientlichung nicht gebilligt wurde. Daraufhin
liess Ludwig das Buch unterdrücken, die Papiere des Verfassers
in Beschlag nehmen, und ihn selbst in die Bastille werfen. 3")
Dies waren freilich für unabhängige Männer gefährliche Zeiten,
Zeiten, wo kein Schriftsteller über Politik oder Religion sicher war,
wenn er nicht der Mode des Tags folgte, und die Meinungen des
Hofs und der Kirche vertheidigte. Der König hatte einen uner-
sättlichen Durst für das, was er Ruhm nannteyw) und bestrebte
sich, gleichzeitige Geschichtschreiber zu blossen Berichterstattern
über seine Heldenthaten zu erniedrigen. Er befahl Racine und
Boileau einen Bericht über seine Regierung zu schreiben, verlieh
ihnen einen Jahrgehalt und versprach ihnen den nöthigen Stoff zu
liefern") Aber selbst Racine und Boileau, so sehr sie auch Dichter
33) „Lom's XIV prit le Täldmaque pow zme personalitä Comme i! (Fänälon)
avait dejrllu au roi, il mourut dans Pexil." Lerminier, Phil. du droit II, 219, 220;
Siäcle de Louis XIV, XXXII in Oezw. de Voltaire XX, 307.
39) Dies wird in einem Briefe von Lord Preston, Paris den 22. Juli 1682, der in
Dalrymplels Memoirs 141, 142, Appendix zum 1. Bande gedruckt worden ist. Peignolfg
Bericht in Livres condavnnäs II, 52, 53 ist unvollständig, er wusste offenbar nichts
von dem Briefe Lord Preston's.
40) Ein scharfsinniger Schriftsteller nennt ihn sehr richtig: "Gloriem: plutöt
quüzappräciateur de la vmie gloire." Flassem, Hm- de l" dißlomatie Frangaise IV, 399.
44) 1677 schreibt Madame Sevigne von Paris über den König: „Vous savez 65m,
qu'il a donnä dem: mille äcus de penaion ü Rucine et ä Despräaux, an lew comman-
dzmt de travailler ä son laistoire, dont il (zum 80W de domwr des mrinaairea." Lettres