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Frankreich
Historische Literatur in
bei der Thronbesteigung Ludwig's XIV. waren die Freiheiten der
Franzosen noch zu jung und ihre Gewohnheit unabhängig zu denken
noch zu neu, um sie zum Widerstande gegen die Verbindung der
Krone und der Kirche zu befähigen, die sich gegen sie richtete.
Die Franzosen wurden von Tag zu Tage knechtischer gesinnt, und
sanken endlich so tief, dass sie am Ende des 17. Jahrhunderts
selbst den Wunsch des Widerstandes verloren zu haben schienen;
der König fand keinen Widerstand, und so bemühte er sich, über
die Intelligenz des Landes die nämliche Gewalt auszuüben wie über
seine Regierung. i") In den grossen Fragen der Religion und der
Politik wurde der Forschungsgeist erstickt, und Niemand durfte
eine ungünstige Ansicht über das Bestehende aussprechen. Da der
König geneigt war, die Literatur auszustatten, so dachte er natür-
lich, er hatte ein Recht auf ihre Dienste. Schriftsteller, die er mit
eigner Hand fütterte, durften sich nicht gegen seine Politik auf-
lehnen, sie erhielten seinen Lohn und mussten thun, was ihr Brod-
herr haben wollte. Als Ludwig XIV. die Regierung übernahm, war
Mezeray noch am Leben, obgleich es sich wohl von selbst versteht,
dass sein grosses Werk herausgegeben wurde, ehe dieses System
der Beschützung und der Gönnerschaft in Wirksamkeit trat. Die
Behandlung, welche dieser grosse Historiker nun erfuhr, gab einen
Vorgeschmack von der neuen Einrichtung. Er erhielt von der
Krone einen Jahrgehalt von 4000 Franken; als er aber 1668 einen
kurzen Abriss seiner Geschichte herausgab, wurde ihm zu ver-
stehen gegeben, dass einige Bemerkungen über die Besteuerung
wahrscheinlich allerhöchsten Ortes anstössig" sein würden. Da sich
33) Ueber seine politischen Maximen siehe Lemoniey, Etablissem. de Louis XI V,
325-327, 407, 408. Die beredten Bemerkungen Ranke's über einen Italienischen
Despoten passen vortrefflich auf sein ganzes System: "sonderbare Gestalt mensch-
licher Dinge! Die Kräfte des Landes bringen den Hof hervor, der Mittelpunkt des
Hofes ist der Fürst, das letzte Product des gestimmten Lebens ist zuletzt das Selbst-
gefühl des Fürsten." Die Päpste II, 266.
33) Sein Alnvfzjärrhronologique erschien 1668 in 3 Bd. 4to. Biog. uniu. XXVIII,
510. 11a Lang, Bilzliotlz. in's-t. III, LXXiXV, sagt, dass sein Erscheinen nur erlaubt
wurde in Folge eines "Privilegiums", welches Mezeray früher erlangt hatte. Aber es
schien eine Schwierigkeit obzuwalten, welche diese Schriftsteller nicht bemerkten;
denn Patin spricht in einem Briefe vom 23. Dec. 1664 davon, dass es schon damals
im Druck wer: "man druckt hier in gross Quart einen Abriss der Geschichte Frank-
reichs von Mezeray." Lettres de Patin III, 503; Vergl. G65. Es-blieb lange ein
Schulbuch. Siehe D'Ar_qenson's Essay in den Mäm. de Vamdemic XXVIII, 635; und
Werks of Sir Will. Zämple III, 70.