Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 2)

Hist. 
Literatur in Frankr. 
Ende des 
I6. bis Ende des 18. 
Jahrh. 
237 
die dem Studium der Geschichte am günstigsten sind, kennen ge- 
lernt, so werden wir wohl auch mit grösserer Leichtigkeit die 
Wahrscheinlichkeit ihrer ferneren Vervollkommnung untersuchen 
können.  
In Rücksicht auf diesen Gegenstand haben wir eine vorläufige 
Betrachtung zu machen, nämlich, dass die Menschen immer früher 
in Religionssachen zu zweifeln begannen, als sie dies in Sachen 
der Geschichte zu thun wagten. Man hätte denken sollen, dass 
die Vorwürfe und in aberglaubischen Zeiten die Gefahren, denen 
man sich durch Ketzerei aussetzte, die Forscher einschüchtern und 
sie bewegen würden, deli sicherern Weg vorzuziehen und ihren 
Skepticismus auf Fragen literarischer Speculation zu richten. Dies 
ist aber keineswegs die Methode, welche der menschliche Geist 
gewählt hat. Auf einer niederen Stufe der Gesellschaft, wo die 
Geistlichkeit Einfluss auf Alles hat, ist der Glaube an das unver- 
zeihliche Verbrechen eines religiösen Irrthums so tief eingewurzelt, 
dass er die Aufmerksamkeit Aller in Anspruch nimmt; er zwingt 
jeden, der denkt, seine Betrachtungen und Zweifel auf die Theo- 
logie zu concentriren, und lässt keine Musse für Gegenstände übrig, 
denen man eine geringere Wichtigkeit zuschreibt. 1) Deswegen 
erschöpften viele Jahrhunderte lang die schärfsten Denker Europas 
ihre Kraft im Nachdenken über die Gebräuche und Dogmen des 
Christenthums; und während sie in diesen Gegenständen oft das 
grösste Talent zeigten, entwickelten sie in andern Dingen, und 
besonders in der Geschichte jene kindische Leichtglaubigkeit, von 
der ich bereits mehrere Beispiele gegeben habe. 
Aber wenn im Verlauf der Gesellschaft das theologische Element 
in ihr in Verfall gerath, dann wird der Eifer, womit religiöse 
Streitigkeiten früher geführt wurden, merklich geschwächt. Die 
vorgeschrittenstcn Intelligenzen fühlen die wachsende Gleichgültig- 
4) Siehe einige sehr richtige Bemerkungen in TVkeweZVs Philos. (f the imluc. 
scienßßs II, 143; in Neandefs Hist. of the church IV, 41, 128 sind zwei interessante 
Fälle von dem allgemeinen Interesse, welches theologische Erörterungen einst in Europa 
einilössten; und über die frühere Unterordnung der Philosophie unter die Theologie 
vergleiche Hamiltonis Discussions on pbilosophie, 197. Aber Niemand hat dies so gut 
behandelt als Auguste Oomte in seinem grossen Werk: Philosophie positive. Der 
Dienst, den die Metaphysiker der Kirche durch ihre Entwickelung der Lehre von der 
Transsubstantiation leisteten, ist ein schlagender Beweis von dieser Unterordnung des 
Geistes unter die kirchlichen Dogmen. Blmwo Wlzilds Evidence against aatlwmism, 
256-258.
	        
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