Frühere Ursachen der Franz.
Revolution.
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Wind fahren könnten, oder ob es nicht vielmehr wahrscheinlich
war, dass sie die ersten Opfer dieses furchtbaren Orkanes werden
würden, in dem für den Augenblick Gesetze, Religion, Moral und
Alles unter-ging, die leisesten Spuren der Humanität ausgelöscht
und die Civilisation Frankreichs nicht nur überfluthet wurde, son-
dern, wie es damals schien, unwiederbringlich verloren war.
Die auf einander folgenden Veränderungen in dieser zweiten
Epoche des 18. Jahrhunderts zu verfolgen, ist ein schwieriges
Unternehmen, nicht nur wegen der reissenden Schnelligkeit, mit
der die Ereignisse eintraten, sondern auch, weil sie so unendlich
verwickelt sind und wegen der Art und Weise, wie sie auf ein-
ander wirkten und zurückwirkten. Der Steif für eine solche Unter-
suchung ist jedoch sehr reich, und da er aus Nachrichten besteht,
die uns von allen Klassen und allen Interessen dargeboten werden,
so hat es mir möglich geschienen, die Geschichte jener Zeit zu
reconstruiren in der einzigen Weise, wie die Geschichte des Stu-
diums werth ist, d. h. nach der Ordnung ihrer socialen und intellec-
tuellen Entwickelung. In dem Schlusskapitel dieses Bandes werde
ich daher die Vorläufer der Französischen Revolution in der n1erk-
würdigen Periode zu zeichnen suchen, in welcher die Feindselig-
keit der Menschen gegen die Kirche nachliess, und sich zum
ersten Male gegen die Missbräuche des Staats wandte. Aber ehe
ich auf diese Periode eingehe, welche wir als die politische des
18. Jahrhunderts bezeichnen können, wird es nach dem Plan, den
ich mir entworfen habe, nöthig sein, die Veränderungen, die in
der Methode der Geschichtschreibung eingetreten waren, in Betracht
zu ziehen und anzudeuten, wie diese Veränderungen durch die
frühere so zu sagen kirchliche Periode beeinflusst worden waren.
Auf diese Weise werden wir um so leichter die Thätigkeit jener
wunderbaren Bewegung verstehen, die zu der Französischen Revo-
lution führte; denn wir werden sehen, dass jene Epoche nicht nur
die Meinungen der Menschen in Hinsicht auf das, was unter ihren
Augen verging, modificirte, sondern auch ihre speculativen An-
sichten über die Ereignisse früherer Zeitalter leitete, und so jene
neue Schule historischer Literatur erzeugte, deren Bildung keines-
Wegs die geringste von den Wohlthaten ist, die wir den grossen
Denkern des 18. Jahrhunderts verdanken.