Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 1, Abth. 2)

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Ursachen der Franz. Revolution. 
Frühere 
standen worden, es hätte sich Alles erhalten lassen, was für die 
einzigen beiden Zwecke, die eine Regierung im Auge haben sollte, 
nöthig ist, nämlich für die Erhaltung der Ordnung und die Ver- 
hinderung des Verbrechens. Aber in der Mitte der Regierung Lud- 
wig's XV. oder wenigstens bald darauf änderte sich der Zustand 
der Dinge, und in wenigen Jahren wurde der Geist Frankreichs 
so demokratisch, dass es unmöglich wurde, eine Revolution auch 
nur zu verzögern, welche eine Generation früher ganz und gar 
hätte vermieden werden können. Diese merkwürdige Veränderung 
hängt damit zusammen, dass sich der Französische Geist jetzt mehr 
gegen den Staat selbst, als bisher gegen die Kirche zu wenden 
begann. Sobald diese, ich möchte sagen zweite Epoche des 
18. Jahrhunderts förmlich eingetreten war, wurde die Bewegung 
unwiderstehlich. Ereigniss auf Ereigniss folgte mit reissender 
Schnelligkeit, jedes mit seinem Vorläufer verbunden, und das Ganze 
bildete eine Richtung, gegen die kein Widerstand möglich war. 
Vergebens gab die Regierung in einigen wichtigen Punkten nach, 
ergriff Massregeln zur Ueberwachung der Kirche und zur Vermin- 
derung der Gewalt der Geistlichkeit, ja, unterdrückte selbst den 
Orden der Jesuiten. Vergebens rief die Krone jetzt zum ersten 
Male Männer, die von dem Geist der Reform erfüllt waren, in ihren 
Rath, Männer wie Turgot und Necker, deren weise und freisinnige 
Vorschläge in ruhigeren Tagen die Bewegung des Volksgeistes 
gestillt haben würden. Vergebens wurden Versprechungen ge- 
macht, die Abgaben gleichmässig zu vertheilen, einigen der schreiend- 
sten Beschwerden abzuhelfen, einige der anstössigsten Gesetze 
zurückzunehmen. Vergebens sogar wurden die Generalstaaten zu- 
sammengerufen, und so nach einem Verlauf von 170 Jahren das 
Volk wieder zur Theilnahme an der Verwaltung seiner eigenen 
Angelegenheiten zugelassen. Alles dies war vergebens, denn die 
Zeit zum Vertrage war vorbei, und die Zeit zum Schlagen gekom- 
men. "Die freisinnigsten Zugeständnisse, die man sich nur hätte 
ausdenken können, würden jenen tödtlichen Kampf nicht abge- 
wendet haben, denn der Verlauf der bisherigen Ereignisse hatte 
ihn unvermeidlich gemacht. Das Maass jener Zeit war voll. Die 
höheren Klassen hatten im Rausch ihrer langbesessenen Gewalt 
den Bruch herausgefordert und mussten sich den Ausgang gefallen 
lassen. Es war keine Zeit zur Gnade, es war kein Einhalt, kein 
Mitleid, kein Gefühl. Die einzige Frage, die noch übrig blieb, 
war, ob die, welche den Sturm erregt hatten, mit dem Wirbel-
	        
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